Standard Noto Serif 13pt:Keith Hawkins, Enforcing Regulation: Robert Kagan’s Contribution – And Some Questions, Law and Social Inquiry 38, 2013, 950-972; Renate Mayntz, Politische Steuerung: Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie, PVS 26, 1996, 148–168; Matthias Schmidt-Preuß/Udo Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56, 1997, 160/235; Fritz W. Scharpf, Globalisierung als Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten nationalstaatlicher Politik, MPIfG Discussion Paper 97/1 1997; Hans-Heinrich Trute, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, DVBl. 1996, 950-964.
Noto Serif 12ptRecht, das auf eine Steuerung gesellschaftlicher Zustände nach politischen Vorgaben abzielt, wird in der sozialwissenschaftlichen Diskussion interventionistisches Recht genannt. Steuerungszentrum ist die Regierung. Von Bogdandy bescheinigt ihr eine »hegemoniale« Stellung im Prozess der Rechtsproduktion und hat sie deshalb zur »Gubernative« erhoben. Der Begriff ist überflüssig. Richtig ist aber, dass die Regierungen im Prozess der Rechtssetzung faktisch und praktisch die Führungsrolle haben, die vom Parlament im Wesentlichen nur kontrolliert und legitimiert wird (Armin von Bogdandy, Gubernative Rechtsetzung, 2000). Das gilt auf der europäischen Ebene auch für von Verhältnis von Kommission und Parlament.
Standard Noto Serif 10ptDer Steuerungsanspruch des Rechts reicht weit. Es bleibt wenig Raum für Recht, dass nur eine Ordnungsfunktion ausfüllt. Privatrecht, Strafrecht und Verfahrensrecht, denen früher weitgehend bloßer Ordnungscharakter zugemessen wurde (auch wenn sie de facto starke politische Wirkungen hatten), sind mehr und mehr zu Steuerungsinstrumenten geworden.
Noto Serif 13ptDer Steuerungsanspruch des Rechts reicht weit. Es bleibt wenig Raum für Recht, dass nur eine Ordnungsfunktion ausfüllt. Privatrecht, Strafrecht und Verfahrensrecht, denen früher weitgehend bloßer Ordnungscharakter zugemessen wurde (auch wenn sie de facto starke politische Wirkungen hatten), sind mehr und mehr zu Steuerungsinstrumenten geworden.
Noto Serif 11ptDer Steuerungsanspruch des Rechts reicht weit. Es bleibt wenig Raum für Recht, dass nur eine Ordnungsfunktion ausfüllt. Privatrecht, Strafrecht und Verfahrensrecht, denen früher weitgehend bloßer Ordnungscharakter zugemessen wurde (auch wenn sie de facto starke politische Wirkungen hatten), sind mehr und mehr zu Steuerungsinstrumenten geworden.
Arial 13pt: Steuerung durch Recht geschieht teils direkt, nämlich durch Gebote und Verbote, die unmittelbar das gewünschte Verhalten anbefehlen. Beispiele bieten die Strafgesetze, Versicherungspflicht, Schulpflicht oder Impfpflicht. Der wichtigste Modus der Steuerung ist heute die Regulierung von Tätigkeiten, die grundsätzlich erwünscht sind, aber unerwünschte Nebenwirkungen haben. So war es schon immer im Baurecht, das sich im Prinzip als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt darstellt. Schwerpunkte liegen im Umwelt- und Klimaschutzrecht, im Finanzmarkt- und Kartellrecht sowie bei der Regulierung der Netzwirtschaften (Telekommunikation, Energie- und Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallbeseitigung). Eine umfangreiche Diskussion ist mit der Frage befasst, ob Interventionen nach dem Befehlsmodell (command and control) überholt sind und durch alternative Formen der »Steuerung« ersetzt werden können (u. V – VIIXXX).
Arial 12pt: Teilweise erfolgt die Steuerung indirekt durch die rechtliche Gestaltung von Institutionen wie der Familie oder von Handelsgesellschaften, Urheber- und Patentrechten, Versicherungssystemen, Märkten oder »Plattformen«, die Verhaltensmöglichkeiten eröffnen, welche den Zielen der Politik entsprechen. Indirekt ist auch die Steuerung durch die Bereitstellung von Infrastruktur. Die Privatisierung der so genannten Daseinsvorsorge stockt. Vor allem das Bildungswesen und die Verkehrswege sowie Teile des Gesundheitswesens sind immer noch in öffentlicher Hand. Schließlich organisiert und verteilt der Staat auch Geldleistungen an seine Bürger, die nicht der Verhaltenssteuerung dienen, sondern ihre »Wohlfahrt« sichern sollen, z.B. Rente, Arbeitslosengeld und Bürgergeld. Aber auch das dient letztlich einer Steuerung der Gesellschaft in Richtung auf politisch für richtig gehaltene Gemeinwohlvorstellungen.
Arial 10pt: Eugene Bardach, The Implementation Game. What Happens After a Bill Becomes a Law, 1977; James R. Beniger, The Control Revolution, 1986; Jürgen Mackert, Ohnmächtiger Staat?, 2006; Renate Mayntz, Implementation von regulativer Politik, in: dies. (Hg.), Implementation politischer Programme II, 1983, 50-74; dies., Politische Steuerung: Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie, PVS Sonderheft 26 (1995), 148; dies., Handlungsfähigkeit des Nationalstaats in Zeiten der Globalisierung, in: Ludger Heidbrink/Alfred Hirsch (Hg.), Staat ohne Verantwortung?, 2007, 267; Claus Offe, Strukturprobleme des kapitalistischen Staates, 1972; Armin Schäfer, Krisentheorien der Demokratie: Unregierbarkeit, Spätkapitalismus und Postdemokratie, Der Moderne Staat 2, 2009, 159-183.
Georgia 13pt: Mit der Ära Adenauer 1963 waren die nach Kriegsende dringlichen Wirtschafts- und Sozialreformen zunächst abgeschlossen. Die Kriegsfolgen waren weitgehend beseitigt. Die Vertriebenen waren integriert, die Wohnungsnot hatte ihren Schrecken verloren. Das Wirtschaftswunder und Reformen des Arbeits- und Sozialrechts führten zu einer historisch beispiellosen Verbesserung der Situation der arbeitenden Bevölkerung. Zehn Jahre später redete man jedoch vom Staatsversagen. Die traditionellen demokratischen Formen schienen durch neue
Georgia 12pt: Formen des Protests und Widerstand aus der Zivilgesellschaft unterlaufen zu werden. Krisentheorien behaupteten die »Unregierbarkeit« westlicher Demokratien (Schäfer). Man konstatierte eine Krise des Wohlfahrtsstaats und verwies auf die gewachsene Komplexität der Gesellschaft und auf die Globalisierung, die sich außer Reichweite staatlicher Gesetze ereignet. Soweit man diese Krisen nicht gleich als zwangsläufige Folgen des Spätkapitalismus einordnete (z. B. Offe), wurden sie dem Steuerungsversagen des Staates zugeschrieben. Viele stimmten ein in die Klage über »Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts« (so der Titel eines 1990 von Dieter Grimm herausgegebenen Buches).
Georgia 10pt: Der technische und soziale Wandel treibt den Staat vor sich her. Zu dem Dauerproblem des sozialen Ausgleichs sind Umweltprobleme, Globalisierungsfolgen und Klimawandel hinzugekommen. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt generiert ständig neue Handlungsoptionen und Gefahren. Unvorhergesehene Krisen wie zuletzt die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg wirbeln die Verhältnisse durcheinander. Angesichts der Größe der Probleme ist die Rede von der »Steuerung« der Gesellschaft durch Recht überzogen. Vielmehr als eine Nachjustierung ist kaum möglich. Um sich von vereinfachenden und zu optimistischen Konzepten der staatlichen Intervention abzusetzen, spricht man daher in Politik- und Verwaltungswissenschaft heute lieber von Regulierung als von Steuerung.
Helvetica 13pt: Regulierung im weiteren Sinne (als Übersetzung des englischen regulation) umfasst alle staatlichen Anstrengungen zur Beeinflussung von gesellschaftlichen Zuständen und Entwicklungen. Regulierung im engeren Sinne dagegen bezeichnet eine besondere Verwaltungsaufgabe im Zusammenhang mit Netzwirtschaften wie Telekommunikation, Energieversorgung und Verkehr und mit flächendeckend notwendigen Infrastrukturleistungen wie Abfallentsorgung oder Postzustellung. Hier bilden sich leicht technische oder »natürliche« Monopole, zu deren Kontrolle das Kartellrecht nicht ausreicht, weil es nicht für gleichmäßigen Netzzugang und Anschluss aller Interessierten sowie eine im Interesse der Verbraucher notwendige Preiskontrolle sorgt. Die Regulierung der von der Technik ausgehenden Gefahren ist schon seit den Tagen der Dampfkesselüberwachung eine Staatsaufgabe. Relativ neu ist die Regulierung er Abstandsforschung zur Implementationsforschung
Helvetica 12pt: Die Steuerungsfähigkeit des Rechts hängt davon ab, ob es befolgt wird und ob die Befolgung die gewünschten Wirkungen nach sich zieht, Fragen, die letztlich sozialwissenschaftliche Empirie beantworten muss. Hier haben Rechtswirkungsforschung und Evaluation ihr Feld. Die Aufmerksamkeit galt zunächst der Befolgung von Verhaltensnormen, die sich unmittelbar an das Publikum richten. Ein Dauerbrenner rechtssoziologischer Forschung sind die in den USA mit kritischem Unterton so genannten gap studies.
Helvetica 10pt: Dazu Malcolm M. Feeley, The Concept of Laws in Social Science, Law and Society Review 10, 1975/76, 487-523, S. 487 ff; ders., Three Voices of Socio-Legal Studies, Israel Law Review 35, 2001, 175-204; Austin Sarat, Legal Effectiveness and Social Studies of Law, Legal Studies Forum 23, 1985, 23‐31; Jon B. Gould/Scott Barclay, Mind the Gap, Annual Review of Law and Social Science, 8, 2012, 323-335.
Times New Roman 13pt: Es geht um die Frage nach dem Abstand zwischen rechtlich vorgeschriebenem und realem Verhalten. In erster Linie denkt man dabei an das Strafrecht. Aber auch alle anderen Verhaltensnormen werfen die Frage nach ihrer Befolgung auf. Der Blick richtete sich anfangs auf die individuelle Reaktion der Normadressaten. Normkenntnis, Normeinverständnis und Abschreckung waren die maßgeblichen Stichworte. Dann verschob sich die Frage auf das Wirken der bei der Normdurchsetzung aktiven Instanzen, vor allem der Polizei, aber auch der Gerichte, Jugendämter und sonstiger Behörden. Eine zweifelhafte Frucht dieser Fragestellung war die Labeling-Theorie, die Normabweichung als Produkt der Normgenerierung und Durchsetzung erklären wollte. Immerhin war mit der Einbeziehung der Normdurchsetzungsinstanzen eine wichtige Weiche auf dem Weg von der Abstandsforschung zur Implementationsforschung gestellt. Über diese Weiche wurde der Zug der Forschung durch die Vorstellung vom Steuerungsversagen des Staates gelenkt.
Times New Roman 12pt: In den USA hatte das Scheitern des von Präsident John F. Kennedy aufgelegten und von Lyndon B. Johnson fortgeführten War on Poverty schon früher die Forschung herausgefordert (Bardach). In Deutschland richtete sich der Blick zunächst auf den Umweltschutz. Die DFG startete 1976 einen Projektverbund »Implementation politischer Programme«, der bis 1982 lief und von Renate Mayntz koordiniert wurde. Renate Mayntz, Die Implementation politischer Programme: Theoretische Überlegungen zu einem neuen Forschungsgebiet, Die Verwaltung, 1977, 51-66. Die Ergebnisse sind ist in mehreren Sammelbänden dokumentiert: Renate Mayntz (Hg.), Implementation politischer Programme, Empirische Forschungsberichte, 1980; dies., Implementation politischer Programme II – Ansätze zur Theoriebildung, 1983;
Times New Roman 10pt: ferner Eberhard Bohne, Der informale Rechtsstaat, 1981; Hellmut Wollmann (Hg.), Politik im Dickicht der Bürokratie, Beiträge zur Implementationsforschung Bd. 3, 1980. 1980 erschien auch die Habilitationsschrift der Politikwissenschaftlerin Adrienne Windhoff-Héritier, Politikimplementation. 1993 gab es noch einmal einen Sammelband, der das Thema, nun unter dem Label »Policy-Analyse«, aufnahm: Adrienne Héritier (Hg.), Policy Analyse, Sonderband 24 der PVS.
Verdana 13pt: Die Implementation von politischen Programmen in Gestalt von Gesetzen erweist sich als ein eigenständiger politischer Prozess, in dem mehr verhandelt als angewiesen wird.Die an der Implementation beteiligte Bürokratie ist in sich nicht durchgehend hierarchisch strukturiert. Beteiligt sind regelmäßig mehrere selbständige Verwaltungen (Bund, Ländern, Kommunen, europäische und internationale Agenturen). Das führt zu einer Mehrebenenverflechtung.
Verdana 12pt: Aus den Implementationsstudien der 1970er Jahre entwickelte sich keine kontinuierliche Forschungspraxis. Wenige Untersuchungen genügten, um den Eindruck der prinzipiellen Unwirksamkeit des Rechts zu verfestigen, obwohl die Forschungen durchaus auch Erfolge regulativer Politik verzeichnen konnten. Negative Ergebnisse erregen größere Aufmerksamkeit als positive. Das Vollzugsdefizit (nach dem Titel von Gerd Winter, Das Vollzugsdefizit im Wasserrecht, 1975) wurde sprichwörtlich, und die Systemtheorie bot dazu eine anscheinend schlüssige Begründung an.
Verdana 11pt: Aus den Implementationsstudien der 1970er Jahre entwickelte sich keine kontinuierliche Forschungspraxis. Wenige Untersuchungen genügten, um den Eindruck der prinzipiellen Unwirksamkeit des Rechts zu verfestigen, obwohl die Forschungen durchaus auch Erfolge regulativer Politik verzeichnen konnten. Negative Ergebnisse erregen größere Aufmerksamkeit als positive. Das Vollzugsdefizit (nach dem Titel von Gerd Winter, Das Vollzugsdefizit im Wasserrecht, 1975) wurde sprichwörtlich, und die Systemtheorie bot dazu eine anscheinend schlüssige Begründung an.
Verdana 10pt: Ab 1982 brachten, zunächst getrennt und dann vereint, Helmut Willke (Entzauberung des Staates, 1983) und Gunther Teubner die Systemtheorie und mit ihr einen neuartigen Steuerungspessimismus ins Spiel (Teubner, Substantive and Reflexive Elements in Modern Law, LSR 17, 1983, 249-284; ders., Das regulatorische Trilemma: Zur Diskussion um post-instrumentale Rechtsmodelle, Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giuridico Moderno 13, 1984, 109-149). Dieser stützte sich auf die von Luhmann geprägte Vorstellung, dass die Grenzen der gesellschaftlichen Teilsysteme Kommunikationsbarrieren bilden, die das politische System nicht zu überwinden vermag, so dass Politik, soweit nicht gewisse strukturelle Kopplungen bestehen, Wirtschaft, Erziehung, Gesundheit usw. allenfalls »irritieren«, aber nicht lenken kann. 1984 folgte