§ 27 Von der formalen zur informalen Logik

I. Induktion, Abduktion und Analogie

In der Argumentationstheorie unterscheidet man zwischen deduktiven und nicht-deduktiven Argumenten. (Formale) Logik erschöpft sich in Deduktionen, die keine neuen Inhalte hervorbringen, sondern nur analytisch zeigen, welche Inhalte in den betrachteten Sätzen schon enthalten sind. Neue Inhalte gewinnt man nur durch Induktion und vielleicht durch Abduktion und Analogie. Insoweit spricht man von informaler Logik oder nichtmonotoner Logik. Wir rechnen diese Schlussweisen zur Argumentationstheorie (u. § 34). Es werden große Anstrengungen unternommen, auch die nicht-deduktiven Argumentationen zu formalisieren. Man spricht von informaler Logik, und es gibt sogar eine Zeitschrift, die diese widersinnige Benennung im Titel trägt (Informal Logic, seit 1978). Etwa gleichbedeutend wird auch von defeasible logic gesprochen (weil normative Sätze sich dadurch auszeichnen sollen, dass sie Ausnahmen haben können.

[Zur Analogie eine Reihe von Einträgen auf Rsozblog, beginnend mit Die Analogie als Entdeckungsverfahren und Gleichmacher vom 13. April 2022.]

II.        Metaphern als Analogie

Literatur: Hans Blumenberg, Paradigmen zu einer Metaphorologie, Archiv für Begriffsgeschichte 6, 1960, 7-142; ders., Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit, in: Anselm Haverkamp (Hg.), Theorie der Metapher, 2. Aufl. 1996, 438-454; Daniel Damler, Rechtsästhetik, 2016; ders., Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit im Recht des 20. Jahrhunderts, in: Laura Münkler/Julia Stenzel (Hg.), Inszenierung von Recht, 2019, 95-124; Dedre Gentner/Brian Bowdle/Phillip Wolff/Consuelo Boronat, Metaphor Is Like Analogy, in: Dedre Gentner, Keith J. Holyoak, Boicho N. Kokinov, The Analogical Mind: Perspectives from Cognitive Science, 2001, 199–254, 202; Ben Golder, Thinking Human Rights Through Metaphor, Law & Literature, 2019, 1-32; David Gurnham, Law‘s Metaphors: Introduction, Journal of Law and Society 43, 2016, 1-7 (Einleitung zu einem Themenheft über Metaphern im Recht); Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, 2. Aufl. 1988; George Lakoff/Mark Johnson, Leben in Metaphern, 8. Aufl. 2014 [Metaphors We Live By, 1980]; Laura Münkler, Metaphern im Recht. Zur Bedeutung organischer Vorstellungen von Staat und Recht, Der Staat 55, 2016, 181-211; Günter Ropohl, Technologische Aufklärung. Beiträge zur Technikphilosophie 1991; Tobias Schlechtriemen, Metaphern als Modelle. Zur Organismus-Metaphorik in der Soziologie, in: Ingeborg Reichle u. a. (Hg.), Visuelle Modelle, 2008, 71-84; Monika Schmitz-Emans, Metapher, o. J., 42 S, PDF im Internet; Rudolf Schmitt, Systematische Metaphernanalyse als Methode der qualitativen Sozialforschung, 2017; Barbara Stollberg-Rilinger, Der Staat als Maschine. Zur politischen Metaphorik des absoluten Fürstenstaats, 1986; Andrea Tyler/Hiroshi Takahashi, Metaphors and Metonymies, in: Claudia Maienborn u. a. (Hg.), Semantics, 2011, 579-621; Michael Stolleis, Das Auge des Gesetzes. Geschichte einer Metapher, 2004.

Als Brücke zwischen bekannten, oft körperlichen Strukturen und einem Abstraktum dienen häufig Metaphern, die die Anschaulichkeit konkreter Objekte bewahren.

Argumentation ist Krieg. → Er hat seinen Standpunkt verteidigt.

Zeit ist Geld. → Ich habe Zeit verloren.

Gesetze sind Gebäude. → Die Norm ist tragfähig.

Metaphern sind kommunikative Figuren, die zwei Objekte gleichsetzen, welche gewöhnlich nicht zusammengedacht werden, so wenn der Mangel der Kaufsache als »weiterfressend« bezeichnet wird. Beabsichtigt ist damit ein Sinntransfer. Vertraute Vorstellungen werden in einen anderen, erklärungsbedürftigen Zusammenhang übertragen. Die Sinnübertragung wird nicht explizit gemacht, vollzieht sich also unterschwellig. Zugleich sind gelungene Metaphern anschaulich. Sie gehen auf Ausdrücke zurück, die Sinneserfahrungen benennen. Viele davon sind Bilder. Darauf beruht ihr rhetorischer Effekt.

Viele Metaphern tauchen in abstrakten philosophischen oder rechtstheoretischen Zusammenhängen auf. Dort besteht ein besonderes Bedürfnis, Anschaulichkeit herzustellen. Da ist vom hermeneutischen »Zirkel« oder von der hermeneutischen »Spirale« die Rede, von »angeborenen« Rechten, vom »Mutter«-grundrecht, vom »Stamm«-recht oder von Rechts-»quellen«. Wir verwenden im Folgenden die Metaphern vom »Stufenbau« der Rechtsordnung, Savignys »Dreieck der Begriffe«, Puchtas »Begriffspyramide« sowie von Philipp Heck die Metaphern von Begriff-»kern« und Begriffs-»hof« und kritisieren die Rede vom »Organismus« des Schuldverhältnisses. Heck hat auch das »Parallelogramm der Kräfte« mit seiner »Resultante« erfunden. Von Ihering stammen die »juristischen Körper« und der juristische »Begriffshimmel«, von Frederic Maitland die Vorstellung des Rechts als eines seamless web; sie wurde von Dworkin aufgenommen und um das Bild von der die Arbeit der Juristen als »Kettengeschichte« (chain story) ergänzt. Bildhaft ist auch die Vorstellung von »Werkzeugen der Rechtstechnik«. Sie setzt sich fort in der die Figur des Richters als »Subsumtionsautomaten«.

Die meisten Metaphern sind so verbreitet, dass sie gar nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Sie sind, wie man sagt, lexikalisiert. Wer von Motorhauben oder Zylinderköpfen spricht, hat weder Köpfe noch Kopfbedeckungen vor Augen. Auch viele Begriffe der Rechtssprache, die sich etymologisch als Metaphern erklären lassen, sind so geläufig, dass sie nach dem Sprachgefühl nicht mehr als solche empfunden werden. Wenn etwa von der Anfechtung eines Rechtsgeschäfts die Rede ist, denkt man kaum an einen Fechter, der mit der Waffe das Rechtsgeschäft durchschlägt. Und dennoch strukturieren solche Metaphern unser Denken.

Metaphern helfen in abstrakten philosophischen oder rechtstheoretischen Zusammenhängen aus begrifflichen Verlegenheiten. Bei Blumenberg wird daraus eine »Theorie der Unbegrifflichkeit«, nach der Metaphern noch weiterführen, wenn Vernunft an ihre Grenzen stößt. Wir ordnen diese Theorie als einen der vielen Versuche zum Umgang mit dem Letztbegründungsproblem (u. S. 163) ein.

Im Zusammenhang mit konkreten Normen sind bildhafte Metaphern seltener. Beim gutgläubigen Erwerb wird die Formel »Hand wahre Hand« angeführt. Im Strafrecht ist beim Rücktritt vom Versuch vom »Bau goldener Brücken« die Rede. Richter »schleudern Haftungsblitze«. Über dem Landgericht als Berufungsinstanz wölbt sich »der blaue Himmel«. Wenn es darum geht, die für die Eintragung einer Vormerkung für ein künftiges Recht von § 883 Satz 2 BGB geforderten Voraussetzungen zu konkretisieren, muss bereits ein »Rechtsboden« gelegt sein. Im Internationalen Privatrecht ist etwa vom »Wettkampf der Rechtsordnungen« die Rede, vom »race to the bottom«, von »Sitztheorie« oder »Forum-Shopping«. Als Gegenbild zur Organismus-Metapher dient die Vorstellung vom Schuldverhältnis als einem »Bündel von Rechten«, die auch für die Kennzeichnung absoluter Rechte wie das Eigentum benutzt wird.

Nur wenige Metaphern sind so einprägsam wie der »weiterfressende Mangel« im Kauf- und Werkvertragsrecht. Allerdings ist gerade diese Metapher irreführend: Es geht darum, ob ein Anspruch aus Delikt auch für Schäden an dem Vertragsgegenstand selbst in Betracht kommt. Allein die Tatsache, dass ein Mangel der Kaufsache vom Verkäufer fahrlässig verursacht worden ist, begründete, jedenfalls nach altem Schuldrecht, noch keine Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung oder aus § 823 I BGB wegen Sachbeschädigung. In einem Fall, in dem der Unternehmer ungeeignetes Baumaterial verwendet hatte, hat der Bundesgerichtshof den auf § 823 I BGB gestützten Anspruch wegen mangelhafter Errichtung des Baus verneint. Wesentlich erschien dem Gericht, dass der Mangel dem Werk von vornherein insgesamt anhaftete. Im Unterschied dazu der Schwimmerschalter-Fall: Die dem Käufer übereignete Reinigungsanlage arbeitete einwandfrei, bis ein falsch konstruierter Sicherheitsschalter – der Schwimmerschalter – versagte, so dass die gesamte Anlage in Brand geriet. Der BGH betonte, hier habe das funktionell begrenzte Steuerungsgerät« einen weiteren Schaden in der sonst funktionierenden Gesamtanlage hervorgerufen, und gewährte für den »weiterfressenden Mangel« Ansprüche aus § 823 BGB. Das Bild ist verfehlt. Besser wäre von einem »überspringenden« Mangel die Rede. Dagegen wäre der Käufer bei einem Mangel, der sich wie eine Faulstelle im Apfel kontinuierlich durch die ganze Sache »weiterfrisst«, auf Gewährleistungsansprüche angewiesen.

Seit der Renaissance konkurrieren im Recht und in der ihm nahestehenden politischen Rhetorik Organismus- und Maschinenmetaphern bei der Beschreibung und Deutung natürlicher, sozialer und anthropologischer Phänomene. Der Staatskörper hat ein Oberhaupt und wird gar zu »Vater Staat«, die Universität zur »Alma Mater«. Menschen schließen sich zu Organisationen zusammen und werden so juristischen Person, sie haben Organe und Mitglieder. Organisationen bilden Filialen, Muttergesellschaften haben Töchter. Auf der anderen Seite finden sich die Maschinenmetapher sowie als ihre Variation die Metapher vom Räderwerk oder Uhrwerk, die den modernen Staat seit seiner Entstehung begleiten. Der Idealtyp der Bürokratie ist in Max Webers Formulierung ein »Präzisionsinstrument«, das »stählerne Gehäuse« der Hörigkeit. Die Rede von der Militärmaschine ist uns ebenso vertraut wie die von der Gesetzgebungsmaschine. Der Titelkupfer zu Thomas Hobbes‘ Leviathan erscheint den ersten Blick als Organmetapher. Carl Schmitt sah darin aber wohl zu Recht eine »große Maschine«, nämlich ein »Kunstprodukt menschlicher Berechnung«, die »Übertragung der cartesianischen Vorstellung vom Menschen als einem Mechanismus mit einer Seele« auf den Staat, den Hobbes so zu einer »von der souverän-repräsentativen Person beseelten Maschine mache«. Auch bei der Rede vom Staatsschiff mag man zweifeln, ob es sich um eine Maschinenmetapher handelt. Als Metaphern stehen hier nicht einzelne Worte im Raum, sondern ganze Cluster, die sich zu Modellen oder Konzepten zusammenfügen und das Denken in viel umfassenderer Weise prägen als singuläre Metaphern (Lakoff/Johnson).

In den letzten Jahrzehnten wird die Maschinenmetapher zunehmend durch Ausdrücke verdrängt, die der EDV-Subkultur entstammen oder jedenfalls dort ihre Entsprechung haben. Systeme und Systemarchitektur, Software und Hardware, Schnittstellen und Netzwerke haben Wissenschafts- und Umgangssprache erobert. Auch die Rechtssprache ist inzwischen voller Computermetaphern. Rechtsnormen werden zu »Programmen«, für die juristische Methode fordert man eine Fuzzy-Logik, Netzwerke sind überall, und künstliche Intelligenz ist im Anmarsch.

Literaturwissenschaft und Linguistik haben sich so ausführlich mit Metaphern beschäftigt, dass die Fülle der Metapherntheorien selbst zum Thema geworden ist. Einen handfesten Überblick, handfest deshalb, weil er die Theorien für die empirische Forschung aufbereitet, bietet Rudolf Schmitt. Auch Juristen haben das Phänomen der Metaphern nicht übersehen, ihr Gewicht für die Formung juristischen Denkens aber wohl unterschätzt (Damler), wiewohl schon Rudolf von Ihering 1884 in »Scherz und Ernst in der Jurisprudenz« Entartungen der Begriffsjurisprudenz ironisch als Tummelplatz von Metaphern beschrieben hatte, wo »juristische Körper« sich paaren und neue zeugen.

Der Sache sind Metaphern mehr oder weniger verkappte Analogien, das heißt, sie der verbinden einen irgendwie problematischen Gegenstand (Ziel, target) mit einem bereits bekannten Objekt (Quelle, Analogon, source), und bilden so eine kognitive Brücke,  auf der Merkmale von der Quelle zum Ziel wandern. Die Konzeptualisierungstheorie von Lakoff/Johnson betont, dass Metaphern kognitive Modelle sind, die unser Denken prägen – tief verwurzelt in körperlicher Erfahrung und kultureller Praxis; sie sind nicht erst sprachliches Ausdrucksmittel, sondern Strukturen des Weltverstehens. Andere Psychologen sehen in der Metapher noch keine vollwertige Analogie, sondern nur den Auslöser für einen systematisches mapping von Quelle und Ziel. Diese Theorie der strukturellen Analogie geht auf einen  Aufsatz von Dedre Gentner zurück (Structure‐Mapping: A Theoretical Framework for Analogy, Cognitive Science 1983, 155-170).

Wie aus der bloßen Metapher eine strukturelle Analogie im Sinne der Kognitionspsychologie wird, lässt sich gut an der Maschinenmetapher zeigen. In der »Kritik der Urteilskraft« (§ 59) schrieb Kant:

»So wird ein monarchischer Staat durch einen beseelten Körper, wenn er nach inneren Volksgesetzen, durch eine bloße Maschine aber (wie etwa eine Handmühle), wenn er durch einen einzelnen absoluten Willen beherrscht wird, in beiden Fällen aber nur symbolisch vorgestellt.«

Hier ist die »Maschine« nur Metapher. Allein der Aspekt der Mechanik wird auf den Staat übertragen.  Dagegen hat Ropohl hat fünf Eigenschaften zusammengestellt, die mit dem Bild von der Maschine transportiert werden und die Metapher damit (ohne sich auf die psychologische Theorie zu beziehen), zu einer strukturellen Analogie erweitert:

  • Die Maschine steht für etwas künstlich Gemachtes, das auf einen identifizierbaren Urheber zurückzuführen ist.
  • Die Maschine ist etwas Zusammengesetztes, dessen Teile stimmig ineinandergreifen und durch ihre Interdependenz dem Ganzen eine eigene Qualität verleihen.
  • Die Maschine erscheint als undurchschaubares, fremdes, unmenschliches, gewaltiges Gebilde.
  • Die Maschine garantiert einen gleichförmigen, überraschungsfreien, selbsttätigen Ablauf.
  • Mit der Maschine verbinden sich regelmäßige, erklärbare, vorhersehbare, planmäßig beeinflussbare Wirkungen.

Die Bedeutung der Computermetapher ist weniger deutlich, denn zunächst erscheint der Computer nur als Roboter, als die vollendete Maschine. Die Summe seiner Eigenschaften führt dann aber doch zu einem Quantensprung, der die Welt verändert:

  • Die Maschinen waren Erweiterungen des menschlichen Körpers mit Werkzeug- oder Prothesencharakter. Der Computer ist eine Erweiterung des Geistes.
  • Was für die Maschine die Energie war, ist für den Computer die Information.
  • Kausalbeziehungen werden durch logische Verknüpfungen ersetzt.
  • An die Stelle von Gewissheit tritt Rekursivität.
  • Der Weg von der Maschine zum Computer ist der Weg von der Konstruktion zum Konstruktivismus.
  • Neben die Realität tritt Virtualität.
  • Der Computer steht für den Übergang vom funktionalen zum autopoietischen System.
  • An die Stelle der steuerbaren Maschine tritt die Anarchie des Internets.

Daniel Damler hat die Konzeptualisierungstheorie der Metapher von Lakoff/Johnson unter dem leicht irreführenden Titel »Rechtsästhetik« aufgegriffen, um »die Implikationen juristischer Metaphern zu ermitteln« (S. 138). Metaphern sind Ausfluss der Struktur des Denkens, das seinen Ausgang von Sinneserfahrungen nimmt und sich von dort in Analogien fortschreibt. In der Folge werden abstrakte Gedanken metaphorisch erfasst und erhalten je nach dem Metaphernkonzept unterschiedliche Bedeutungen (S. 58f). In tiefgründigen rechtshistorischen und geistesgeschichtlichen Exkursen zeichnet Damler die konstitutive Funktion der Metapher im Prozess der rechtswissenschaftlichen Theoriebildung nach, so am Beispiel des Rechtsinstituts der Forderungsabtretung. Forderungen waren im römischen Recht ursprünglich an die Person des Gläubigers gebunden. Das Bild dieser Bindung (vinculum) musste erst durch ein anderes Bild ersetzt werde, dass die Schuld als Sache erscheinen ließ, die von Hand zu Hand gehen kann.

Tritt man einen Schritt zurück, so kann man den »Dualismus organischer und mechanischer Leitvorstellungen« mit Blumenberg als Hintergrundmetaphorik einordnen. Hintergrundmetaphern »denken uns unsere Weltsicht vor«, sie »kanalisieren« mit ihren Bildern, »was überhaupt sich uns zu zeigen vermag und was wir in Erfahrung bringen können« (Blumenberg 1960 S. 69). Hintergundmetaphern müssen nicht sprachlich in Erscheinung treten; »aber ein Zusammenhang von Aussagen schließt sich plötzlich zu einer Sinneinheit zusammen, wenn man hypothetisch die metaphorische Leitvorstellung erschließen kann, an der diese Aussagen ›abgelesen‹ sein können« (Blumenberg 1960 S. 16). Das hat zur Folge, dass die Identifizierung von Hintergrundmetaphern leicht zur zirkulären Bestätigung einer geschichtsphilosophischen oder zeitdiagnostischen Theorie gerät.

Damler greift Blumenbergs Figur der Hintergrundmetapher auf. Dabei schießt er aber wohl doch über das Ziel hinaus, so, wenn er am Beispiel der Anscheinsvollmacht den Weg »von der terrestrischen zur energetischen Rechtsgeschäftslehre« aufzeigt. Dabei bezieht er sich auf die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden energetischen Kulturtheorien, die sich davon faszinieren ließen, wie die Physik Materie, Wärme, Bewegung und Elektrizität als bloße Erscheinungsformen von Energie dargestellt hatte. Von der Energie führt der Weg zum Feuer (oder umgekehrt) und von dort zum mehr oder weniger hellen Schein.

»Die an existentielle Energie-Erfahrungen (Wärme, Licht, Bewegung) gebundene Idee des Graduellen und Transitorischen fand ihren Niederschlag in dem zeitweise sehr erfolgreichen Projekt, die Grenzen der privatautonomen Verantwortung unkenntlich zu machen. Somit hat ausgerechnet die metaphorische Verherrlichung der Willensautonomie als heilige Flamme des Privatrechts einen naturalistischen Fehlschluss befördert, der das Bekenntnis zu eben dieser Willensautonomie in Frage stellt.« (2016 S. 191)

Man liest das mit Interesse und (Bildungs-)Gewinn. Der Gewinn für die Theorie des geltenden Rechts liegt nicht auf der Hand. Ex post zeigt sich wohl, dass manche Rechtsentwicklung mit konzeptionellen Metaphern oder mit Hintergrundmetaphern zusammenstimmt. Ursache und Wirkung lassen sich aber nur schwer unterscheiden, zumal nicht selten unterschiedliche metaphorische Konzepte miteinander streiten.

Manche Rechtsbehauptung lässt sich als metaphorisch gelenkt kritisieren, wie z. B. der Umgang mit der Haftungsbeschränkung bei Korporationen in den USA als jurisprudence by metaphor (Damler 2019). Entscheidend bleibt, dass juristische Argumentation sich durch Reflexion aus der Umklammerung der Metaphorik befreien kann.