Literatur: Ivo Appel/Martin Eifert, Das Verwaltungsrecht zwischen klassischem dogmatischen Verständnis und steuerungswissenschaftlichem Anspruch, VVDStRL 67, 2008, 226-285 + 286-333; Lorenz Engi, Grundlagen des Verwaltungsrechts: Forschungsfragen und Forschungskontexte, Ancilla Iuris, 2018, 79-95; Frieder Günther, Verfassung vergeht, Verwaltung besteht?, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 68, 2020, 217-247; Wolfgang Kahl, Wissenschaft, Praxis und Dogmatik im Verwaltungsrecht, 2020; Klaus König, Rationalitäten öffentlicher Verwaltung. Ein transatlantischer Vergleich , 2023; Niklas Luhmann, Die Grenzen der Verwaltung, 2021 [posthum]; Roger Müller, Verwaltungsrecht als Wissenschaft: Fritz Fleiner 1867-1937, 2006; Eberhard Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2004; ders., Verwaltungsrechtliche Dogmatik in der Entwicklung, 2. Aufl. 2023; Wolfgang Seibel, Verwaltung verstehen. Eine theoriegeschichtliche Einführung, 2. Auflage, 2017.
Sammelwerke: Wolfgang Hoffmann-Riem u.a, (Hg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 3 Bde., 2. Aufl. 2012; 3. Aufl. hg. von Andreas Voßkuhle u. a. 2022; Wolfgang Kahl/Markus Ludwigs (Hg.), HB des Verwaltungsrechts, seit 2021, vorgesehen sind 12 Bde; Wolfgang Kahl/Ute Mager (Hg.), V Wolfgang Kahl/Ute Mager (Hg.), Verwaltungsaufgaben und Legitimation der Verwaltung, 2022; dies. (Hg.), Verwaltungshandeln, 2022 (geschwätzige Rezension von Gunnar Folke Schuppert, Die Verwaltung 56, 2023, 201-237); Hans-Heinrich Trute u. a. (Hg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008; Martin Burgi (Hg.), Zur Lage der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2017 (Die Verwaltungs, Beiheft 12).
I. »Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht« (Otto Mayer)
Zur öffentlichen Verwaltung gehört alle Staatstätigkeit außer Gesetzgebung, Rechtsprechung und Regierung. In der Verwaltung als der vollziehenden Gewalt im Sinne von Art. 20 II GG begegnet der Bürger dem Staat. Der Kreis der Verwaltung ist sehr weit. Das gilt insbesondere dann, wenn man zur Verwaltung nicht nur die der Regierung unmittelbar zugeordneten Ausführungsbehörden rechnet, sondern auch die Kommunen und Selbstverwaltungskörperschaften aller Art.
Von den Staatsfunktionen her gesehen teilt sich die Verwaltung mit dem Strafrecht die Sicherung des Gewaltmonopols (authority). Doch immer stärker tritt die Verwaltung als Dienstleister in Erscheinung. Der Bürger erwartet von der Verwaltung Sozialleistungen und Infrastrukturleistungen für Gesundheit, Bildung und Kommunikation und Verkehr.
Die Infrastrukturleistungen der Verwaltung, die von der Politikwissenschaft als Basisdienstleistungen angesprochen werden, fallen unter den Begriff der Daseinsvorsorge. In diesem Sinne findet er sich in den Gemeindeordnungen von Bayern (Art. 87 I Nr. 4) und Baden-Württemberg (§ 102 I Nr. 3). Der Begriff ist zunächst durch Ernst Forsthoff nationalsozialistisch geprägt worden (Jens Kersten, Die Entwicklung des Konzepts der Daseinsvorsorge im Werk von Ernst Forsthoff, Der Staat 44, 2005, 543-569). Als zusammenfassende Benennung für das Leistungsspektrum der Verwaltung ist der Begriff weiterhin nützlich, wenn man ihn als Gegenbegriff zur Eingriffsverwaltung und zur wirtschaftlichen Betätigung andererseits versteht.
Die Verwaltung bewegt sich bei allen ihren Aufgaben im Verantwortungsdreieck zwischen gesetzlichem Auftrag, politischer Führung und Bürgerbeteiligung. Sie ist an Recht und Gesetz gebunden. Gegenüber der Regierung als der dem Parlament verantwortlichen politischen Führung verfügt die Verwaltung über eine Eigenständigkeit, die aus ihrer schieren Masse sowie der größeren organisatorischen und personellen Beständigkeit resultiert.
Das Verwaltungsrecht ist erst relativ spät zu einer Subdisziplin der Jurisprudenz geworden. Es hat sich aus der rechtsstaatlichen Einhegung der »Polizey« des absolutistischen Staates entwickelt. In den Anfängen wurde es in großem Umfang nach dem Privatrecht modelliert. Noch immer ist das »Polizei- und Ordnungsrecht« das Kerngebiet des Verwaltungsrechts. Die Vollzugspolizei spielt dabei nur noch eine Nebenrolle; auf dem Reißbrett würde man sie vielleicht eher dem Strafrecht zuordnen, wenn die Dinge nicht historisch gewachsen wären.