§ 73 Konflikte unterschiedlicher Rechtsordnungen

I. Internationales Kollisionsrecht

Literatur:  Kristin Boosfeld, Die Lehren von der Statutenkollision, 2023 (historisch); Heiko Sauer, Vorrang ohne Hierarchie. Zur Bewältigung von Kollisionen zwischen Rechtsordnungen durch Rangordnungsnormen, Bindungsnormen, Derogationsnormen und Kollisionsnormen, Rechtstheorie 2013, 503–539.

Deutschland ist trotz seines gegliederten Aufbaus ein Staat mit einer sehr einheitlichen Rechtsordnung. Dazu trägt nicht zuletzt die einheitliche, hierarchisch gegliederte Gerichtsbarkeit bei. Innerhalb dieses Staates gibt es kaum Konflikte um die persönliche und räumliche Geltung von Rechtsnormen. Konflikte um die persönliche und räumliche Geltung von Rechtsnormen entstehen hingegen bei Fällen mit Auslandsberührung. Grundsätzlich ist der Staat alleiniger Träger der Rechtsprechungs- und Vollzugsgewalt auf seinem Territorium. Kraft seiner Rechtsetzungsgewalt kann der Staat jedoch die Anwendung fremden Rechts durch seine Gerichte und Behörden anordnen oder zulassen. Die entsprechenden nationalen Normen bilden das Kollisionsrecht eines Staates. Das Internationale Privatrecht (IPR) ist nationales Recht, das die Frage behandelt, welches Recht die nationalen Gerichte anzuwenden haben, wenn sie in Fällen mit Auslandsberührung angerufen werden.

Probleme entstehen, wenn die völkerrechtliche Gebietszugehörigkeit unklar ist oder durch Krieg und Annexion in Frage gestellt wird (Anton S. Zimmermann, Kriegskollisionsrecht, RabelsZ 2024, 465–496; der Autor hat zum Thema bei der DFG 1,2 Mill EUR für ein am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg angesiedeltes Forschungsprojekt eingeworben.)

Das deutsche IPR findet sich in der Hauptsache im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB). Im Verhältnis der EU-Staaten zueinander soll das IPR durch fortschreitende Vereinheitlichung des Privatrechts überflüssig werden. Im Verhältnis zu Drittstaaten wird das nationale IPR nach und nach durch ein europäisches abgelöst. Es findet sich in den so genannten Rom-Verordnungen.

In Parallele zum Internationalen Privatrecht wird auch vom Internationalen Strafrecht bzw. vom Internationalen Verwaltungsrecht gesprochen. Diese Parallele reicht nicht sehr weit, weil es in verwaltungsrechtlichen Fällen und noch weniger in strafrechtlichen Fällen selten um die Anwendung ausländischer Vorschriften geht.

Die deutsche Bezeichnung als Internationales (Privat-)Recht ist nicht ganz glücklich. Um eine Verwechslung mit international law als dem englischen Begriff für das Völkerrecht zu vermeiden, eignet sich der eingeführte Begriff des Kollisionsrechts besser. Noch besser wäre – wie im Englischen – die Bezeichnung als Konfliktsrecht (conflict of laws), um deutlich zu machen, dass es nicht um eine Kollision einzelner Normbefehle geht, sondern um die davon zu trennende Frage, welche Regelung aus unterschiedlichen Rechtsordnungen auf einen bestimmten Fall anzuwenden ist.

II. Internationales Privatrecht

III. Internationales Strafrecht

IV. Internationales Verwaltungsrecht