§ 72 Kollision und Konkurrenz von Normen innerhalb eines Normensystem

I.  Konkurrenzsituationen

Normen aus unterschiedlichen Rechtsystemen können nur faktisch, nicht aber hinsichtlich ihrer Geltung miteinander konkurrieren. Etwas anderes behaupten nur Anhänger eines pluralistischen Rechtsbegriffs. Dagegen treten innerhalb eines Rechtssystems immer wieder Konkurrenzen und seltener auch Kollisionen auf, denn das positive Recht bildet ein System nur hinsichtlich seiner Geltung, nicht jedoch mit seinen Inhalten.

Konkurrenzen treten auf, wenn eine Handlung verschiedene Verhaltensnormen verletzt, die sich teilweise überdecken, oder wenn dieselbe Verhaltensnorm mit mehreren Sanktionsnormen verbunden ist. Dagegen handelt es sich um eine Normenkollision, wenn mehrere Normen unterschiedliche, miteinander nicht verträgliche Handlungen gebieten.

Die Feststellung einer Normenkonkurrenz oder Kollision ist immer schon das Ergebnis einer Interpretation einschlägigen Normmaterials. Oft fällt diese Interpretation so eindeutig aus, dass sie als schlichte Anwendung verstanden wird. In anderen Fällen, zumal bei der Frage der Verfassungswidrigkeit einer Norm, verlangt die Interpretation erheblichen Aufwand. Dabei gilt der Grundsatz der Konforminterpretation, der verlangt, Konkurrenzen und Kollisionen möglichst schon auf der Stufe der Interpretation auszuräumen. Dieser Methodenimperativ ist als verfassungskonforme, unionsrechtskonforme und völkerrechtsfreundliche Interpretation geläufig, aber auch darüber hinaus beachtlich. In der Praxis trifft er, jedenfalls außerhalb hierarchisch organisierter Gerichtssysteme, auf unterschiedlicher Interpretationsgemeinschaften.

II. Allgemeine Kollisionsregeln

III. Konkurrenzen zwischen Unionsrecht und Völkerrecht

IV. Konkurrenz von Normen aus verschiedenen Rechtsgebieten

V. Zur strafrechtlichen Konkurrenzlehre

VI. Zur Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht

VII. Konkurrenzfragen im öffentlichen Recht

VIII. Grundrechtskonkurrenzen als Rechtsprechungskonkurrenzen

IX. Normkonkurrenzen bei der Fallbearbeitung