§ 21 Zur Ästhetik des Rechts

I.        Warum Rechtsästhetik

Literatur: Heinrich Triepel, Vom Stil des Rechts. Beiträge zu einer Ästhetik des Rechts (1947) mit einer Einleitung von Andreas von Arnauld und Wolfgang Durner (S. I-XLII), 2007.

Nachdem die Ästhetik des Rechts zum Thema der Kulturwissenschaften geworden ist (von Arnauld/Durner), muss die Allgemeine Rechtslehre sich vergewissern, was aus der Ästhetik für die Jurisprudenz zu gewinnen ist.

Heute versteht man Ästhetik teils in einem engen Sinne als Theorie der schö­nen Künste, teils weitergehend als einen Qualitätsaspekt von Kommunikation über­haupt. Vieles, was zur Ästhetik des Rechts gesagt wird, behandelt Recht als Thema der Kunst und liegt damit auf der gleichen Linie wie »Recht in der Literatur« (o. § 17). Deshalb ist vorab festzuhalten: Der Rechtsästhetik, wie wir sie verstehen, geht es nicht um Ästhetik im Objektbereich des Rechts. Wenn man in der Datenbank Juris nach »Ästhetik« sucht, so gibt es einige Tausend Treffer, die meisten im Zusammenhang mit ästhetischer Chirurgie, einige auch, die ästhetische Anforderungen an das Bauen betreffen. Das sind Fragen einer Populär-, Vulgär- oder Alltagsästhetik. Die Ästhetik als Wissenschaft hat sich zunehmend Phänomenen außerhalb der Kunst zugewandt. Sie bemüht sich um Popkultur, Warenästhetik und Werbung und Mode. Das Recht ist dabei besonders im Spiegel der Popkultur aufgefallen. Trotz dieses – wie man sagen könnte – popular turn fällt der Ästhetik als Wissenschaft der Umgang mit der Alltagsästhetik schwer. Jedenfalls bietet sie keine Regeln für die Gestaltung der Welt.

Der Rechtsästhetik geht es auch nicht um Darstellungen von Recht in der Kunst. Schon eher geht es, ähnlich dem Verständnisansatz bei Recht und Literatur (o. § 17 V) darum, dass das Recht seinen Kontext mit den Augen der Kunst sehen könnte oder gar sollte. Friedrich Schillers Briefe »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« (1773/95) waren getragen von der Vorstellung, dass ästhetische Erziehung zu moralischer Bildung führen und dass Kunst vielleicht sogar die Wunden der Welt heilen könne. Diese Idee gilt heute als romantisch (u. IX).

Es geht, so jedenfalls verstehen wir Rechtsästhetik, um ästhetische Aspekte des Rechts selbst. Dafür gibt es verschiedene Ansatzpunkte.

  • Rechtskommunikation hat immer auch einen ästhetischen Aspekt (u. III).
  • Bei der Genese des Rechts sind ästhetische Prinzipien und Metaphern beteiligt (u. IV).
  • Ästhetische Qualitäten und Kompetenzen wirken als soziale Macht (V).
  • Das Schöne ebenso wie das Häßliche verfügt über normierende Kraft (u. VI).
  • Die Ästhetik könnte Trost für die mancherlei Rationalitätsdefizite der Jurisprudenz bereithalten (u. VII).
  • Das Verständnis der Rechtswissenschaft als Gestaltungswissenschaft (o. § 9 VI) legt eine Anfrage bei der Ästhetik nahe (u. VIII).
  • Synästhesie und Leiblichkeit als Kennzeichen ästhetischer Erfahrung stellen die herkömmliche Subjekt-Objekt Dichotomie in Frage (u. IX).

Das juristische Bemühen um Interdisziplinarität führt dazu, unter dem Titel der Rechtsästhetik einseitig nach Einflüssen auf und Folgerungen für das Recht zu suchen. Es lohnt sich, auch in die Gegenrichtung zu blicken, etwa um zu sehen, wie der moderne Kunstbegriff durch das Recht geformt worden ist. In diesem Sinne ist Gerhard Plumpe der Rolle des Rechts für den Wandel des Kunstverständnisses im 18. Jahrhundert nachgegangen. Dazu hat er den »Bedeutungswandel des Wortes ›eigentümlich‹ (›Eigentümlichkeit‹) in juristischen und in ästhetisch-poetologischen Diskursen« unter die Lupe genommen. In der Rechtswissenschaft diskutierte man damals über ein Urheberrecht, das dem Autor oder Komponisten »eigentümlich« sei. Die individuelle Hervorbringung legitimierte einen rechtlichen Schutz. Dieser Gedanke spiegelte sich im ästhetischen Diskurs, in dem Eigentümlichkeit, Individualität oder gar Genialität zum Merkmal von Kunst aufstieg. (Gerhard Plumpe, Eigentum – Eigentümlichkeit. Über den Zusammenhang ästhetischer und juristischer Begriffe im 18. Jahrhundert, Archiv für Begriffsgeschichte 23, 1979, 175-196).

II.     Ästhetik als Wissenschaft

Literatur: Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie (Gesammelte Schriften Bd. 7), 1970 [postum]; Karlheinz u. a. Barck (Hg.), Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, 2003ff; Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, 2016; Pierre Bourdieu, The Historical Genesis of a Pure Aesthetic, The Journal of Aesthetics and Art Criticism 46, 1987, 201-210; Ursula Brandstätter, Ästhetische Erfahrung, 2012/13, www.kubi-online.de; Rüdiger Bubner, Über einige Bedingungen gegenwärtiger Ästhetik, Neue Hefte für Philosophie , 1973, 38-73; Joachim Fischer, Ästhetisierung der Gesellschaft statt Ökonomisierung der Gesellschaft, in: Dagmar Danko u. a. (Hg.), Kunst und Öffentlichkeit, 2015, 21-32; Hans Robert Jauß, Kleine Apologie der ästhetischen Erfahrung, 1972; Harry Lehmann, Ästhetische Erfahrung, 2016; Niklas Luhmann, Die Kunst der Gesellschaft, 1997; Jürgen Ritsert, Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit und Vernunft, 2012; Wolfgang Welsch, Grenzgänge der Ästhetik, 1996.

Um sich der Ästhetik als Wissenschaft zu nähern, könnte man die Disziplin bei der Arbeit beobachten: Sie beschreibt künstlerische Ausdrucksformen und Stile, Motive und Techniken, ihre Rezeption und ihren Wandel. Und sie befasst sich mit sich selbst, das heißt, mit der eigenen Begriffs- und Ideengeschichte. Einen Eindruck davon vermittelt ein Blick auf die Überschriften des Oxford Handbook of Aesthetics (2003) oder des siebenbändigen Lexikons Ästhetischer Grundbegriffe (Barck u. a.) mit seinen 170 Artikeln. Wir beschränken uns auf Stichworte, die unser Verständnis von Ästhetik erkennen lassen sollen.

Die Ästhetik als Wissenschaft nimmt ihren Anfang mit Alexander Gottlieb Baumgartens »Aesthetica«, die 1750 und 1758 in zwei Bänden erschienen ist. Baumgarten definierte seine neue Lehre als scientia cognitionis sensitiva. Danach wäre Ästhetik eine Theorie sinnlicher Wahrnehmung (Aisthesis). Praktisch war und ist der zentrale Gegenstand der Ästhetik die Kunst. In jüngerer Zeit befasst sich Ästhetik zunehmend mit Qualitätsaspekten von Wahrnehmung und Kommunikation überhaupt. So kommt auch das Recht in den Blick.

Der wichtigste Qualitätsmaßstab der Ästhetik war und ist immer noch die Schönheit. An ihr zeigt sich die wissenschaftstheoretische (epistemische) Problematik der Ästhetik. Eine objektive Ästhetik sucht nach Prinzipien, die sich an schönen Gegenständen ablesen lassen. Und sie wird auch fündig. Symmetrie und Proportionen wie der Goldene Schnitt gehören dazu, ebenso Farbkombinationen, Perspektive oder Musterwiederholungen. Diese Maßstäbe sind zum Teil der Natur entnommen und hier wiederum nicht zuletzt dem Anblick des menschlichen Körpers. Aber – auch das zeigt die Natur – Harmonie und Ebenmaß wären ohne Variation und Vielfalt öd und leer. Deshalb lässt sich das konkrete Urteil über Schönheit nur schwer objektiv erklären. Letztlich gilt doch: Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

Das Urteil des Betrachters lässt sich bis zu einem gewissen Grade empirisch beschreiben und erklären. Dazu kann man mit evolutionär geprägten Universalien der Wahrnehmung beginnen, psychologisch nach Emotionen, Motiven und Interessen fragen, individuelle Voraussetzungen des Schönheitsurteils in Erziehung und Erfahrung suchen und beobachten, wie überindividuell Schönheitsvorstellungen entstehen und vergehen. So entsteht aus der Psychologie und der Soziologie des Gefallens eine empirische Ästhetik.

Wohl seit 2013 gibt es in Frankfurt a. M. ein Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, das sich der Frage widmet, »was wem warum unter welchen Bedingungen ästhetisch gefällt und welche Funktionen ästhetische Praktiken und Präferenzen für Individuen und Gesellschaften haben«. Die bisher immer noch prägnanteste soziologische Ästhetik stammt von dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu; dazu etwas näher u. IV. Was Fischer-Lescano als soziologische Ästhetik anbietet (u. VII), gerät durch Anlehnung an Adorno und systemtheoretische Begriffssoziologie eher zur Gesellschaftsphilosophie. Zur Psychologie des Gefallens: Christian G. Allesch, Geschichte der psychologischen Ästhetik, 1987; ders., Einführung in die psychologische Ästhetik, 2006; Walter Schurian, Psychologie Ästhetischer Wahrnehmungen, 1986.

Empirische Ästhetik kann die Frage, was ästhetische Qualität ausmacht, nicht wirklich beantworten. Sie scheitert schon daran, ästhetisches Gefallen von anderem Gefallen zu unterscheiden. Wenn die Wurst schmeckt, ist das ästhetisches Gefallen oder animalisches Wohlsein? Dennoch redet man wie selbstverständlich von ästhetischer Wahrnehmung, ästhetischen Gefühlen, ästhetischen Eigenschaften und ästhetischen Urteilen. Praktisch gelingt es ganz gut, ästhetische Urteile von anderen zu unterscheiden. Man kann ästhetische Urteile daher, ganz analog zu Werturteilen, empirisch beschreiben und erklären. Offen bleibt, ob diese Urteile »richtig« sind.

Mit der Besonderheit und Geltung ästhetischer Urteile befasst sich die philosophische Ästhetik. Als Grundlegung gilt Kants »Kritik der Urteilskraft« von 1790, die als drittes Vermögen des Verstandes neben der Anschauung und der Begriffsbildung den Geschmack einführt. Geschmack ist das Vermögen des Verstandes, Schönheit zu beurteilen.

»Schön ist, was ohne Begriff als Gegenstand eines notwendigen Wohlgefallens erkannt wird«. »Schönheit ist die Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes, sofern sie ohne Vorstellung eines Zwecks an ihm wahrgenommen wird.«

Das ästhetische oder Geschmacksurteil, so sagt man seither, sei autonom. Das heißt, es ist weder von rationalen noch von empirischen oder von moralischen Gründen abhängig, sondern besteht aus eigenem Recht. Es ist aber auch nicht einfach subjektiv-willkürlich, sondern, wie Kant sagt, »subjektiv-allgemein«. Damit beansprucht es Geltung, auch wenn sich solche Geltung nicht intersubjektiv explizieren lässt. Aber mit der ästhetischen Urteilskraft liegt es wie mit dem kategorischen Imperativ oder dem kantischen Rechtsbegriff: Inhaltliche Aussagen lassen sich daraus nicht gewinnen.

Große Kunst entsteht wohl immer nur durch Überschreitung von bis dahin maßgeblichen ästhetischen Codes. Seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts strebten ästhetische Avantgarden nach Grenzüberschreitungen und schufen so die ihrer Zeit »moderne« Kunst.

Ein Meilenstein der modernen Ästhetik war Theodor W. Adornos 1970 postum erschienene »Ästhetische Theorie«, die als Wahrheitsästhetik oder als Theorie ästhetischer Rationalität (Ritsert) charakterisiert wird. Von der Kunst sagt Adorno, dass sie, wiewohl selbst Teil der Wirklichkeit, »Einspruch gegen die Realität« erhebt (S. 415). »Kunst ist Rationalität, welche diese kritisiert, ohne ihr sich zu entziehen …« (S 87) Sie »registriert den antagonistischen Inhalt der ästhetischen Erfahrung, den einer unversöhnten Wirklichkeit, die doch Versöhnung will.« (S. 433) Sie sei »gleichsam apriorische Opposition gegen die heteronome Gesellschaft« (S. 459). Von Wahrheitsästhetik ist die Rede, weil die Eigenschaft von Werken als Kunst daran festgemacht wird, dass sie ein zutreffendes Bild der Gesellschaft vermittelt. Kunst verlangt damit nach Wahrheitskriterien, die bei Adorno mit dem Blick der »Kritischen Theorie« auf die Gesellschaft zusammenfallen. Die ästhetische Rationalität ist eine dialektische, das heißt, sie benennt Widersprüche, die das Denken aber nicht anhalten, sondern im Gegenteil immer wieder antreiben sollen. Die Tradition Adornos setzt sich heute als kritizistische Ästhetik fort, die nach Abweichungen von den klassischen ästhetischen Prinzipien sucht und überall Hässlichkeit und Disharmonie, Leid und Ungerechtigkeit findet.

Eine Wende der philosophischen Ästhetik hin zu Theorien der ästhetischen Erfahrung leiteten Hans Robert Jauß (1972) und Adornos Lehrstuhlnachfolger Rüdiger Bubner (1973) ein. Wer im Kunsterlebnis Genuss sucht, war für Adorno ein Banause, der Kunst nicht »von den Erzeugnissen der Küche und der Pornographie« zu unterscheiden wusste (S. 27). Gegen solche »Ästhetik der Negativität« wollte Jauß die ästhetische Erfahrung als grundsätzlich positives Erleben wieder in ihr Recht setzen. Bubner hielt Adorno entgegen, dass seine Kunsttheorie eine heteronome Ästhetik sei, weil sie die Theorie der Kunst durch philosophische Begrifflichkeit majorisiere. Wie vor ihm Jauß sah er den Ausweg in der Analyse ästhetischer Erfahrung, und beide wollten für diese Analyse auf Kants Lehre vom Geschmacksurteil zurückgreifen (zu dieser Diskussion und ihrem Fortgang ausführlich Lehmann). Als Zwischenergebnis der Debatte kann man wohl festhalten: Das Geschmacksurteil, das die Qualität der ästhetischen Erfahrung bezeichnet, beansprucht Eigenständigkeit (Autonomie). Es ist weder analytisch noch beschreibend oder normativ. Es ist eben ein ästhetisches Urteil.

Eine Abgrenzung der ästhetischen von anderer Erfahrung ist auch damit noch nicht gewonnen. Meistens wird die Frage nach der Definition des Ästhetischen verkleidet als Frage: Was ist Kunst? Darauf fehlt, ebenso wie auf die Frage »Was ist Recht?« (o. § 8), eine definitive Antwort. Wenn man sich nicht auf eine institutionelle Definition beschränkt (»Kunst ist, was im Museum hängt.«) oder mit Bourdieu das Phänomen der Kunst als historische Ausdifferenzierung eines autonomen sozialen Feldes erklärt, so kann man nur typische Merkmale des Ästhetischen im Sinne einer Familienähnlichkeit angeben (Brandstätter). Was Kant »interesseloses Wohlgefallen« nannte, würde man heute als Selbstzweck kennzeichnen. Ästhetische Erfahrung ist nicht von vornherein instrumentell, und sie ist nicht materiell konsumtiv. Sie ist bewusst und darüber hinaus reflektiert. Ästhetik ist eine Frage eher der Form als des Inhalts. Ein Kunstwerk kann auf eine externe Wirklichkeit verweisen, auf eine Landschaft oder einen Menschen, wird jedoch ästhetisch zunächst als künstlerische Darstellung empfunden. Objekte, die nicht primär als Kunstwerk gedacht, sondern für eine Funktion jenseits ihrer Gestalt bestimmt sind, werden als ästhetische Objekte wahrgenommen.

Im Laufe der Zeit haben sich die ästhetischen Kategorien, mit denen vor allem die Kunst beurteilt wird, verändert. Am Anfang standen Mimesis und Perfektion. Sie wurden durch den Code »schön/hässlich« ersetzt. Kant hatte als ästhetische Kategorie das Erhabene beigesteuert. Doch von solchen quasi-objektiven ästhetischen Kategorien und Prinzipien ist die Kunst längst abgerückt. »Schönheit« hat man der Welt der Unterhaltung und des Konsums überlassen. Was in der Kunst an ihre Stelle getreten ist, ist nicht so klar: »verstörend/trivial«? Noch weniger klar ist, was ästhetische Qualität jenseits der Kunst begründet.[1] Klar ist nur, dass Ästhetik zum Begriff für eine spezifische Qualität wahrnehmbarer Erscheinungen geworden ist.

Es konnte nicht ausbleiben, dass auch die Ästhetik konstruktivistisch wurde. Negative Konsequenz ist der Verzicht auf eine Regelästhetik, das heißt, auf einen Regelkanon für die Kunst. Ästhetisches Gelingen wird nur noch ex post konstatiert. Das ästhetische Urteil soll nicht länger ein Verhältnis zwischen den urteilenden Subjekten und Objekten in der sie umgebenden Welt zum Ausdruck bringen, sondern »Nichtästhetisches wird ästhetisch gemacht« und/oder als ästhetisch begriffen (Welsch S. 21). Mit der Schönheit und anderen ästhetischen Prinzipien liegt es seither ähnlich wie mit Wahrheit und Gerechtigkeit. Ästhetische Prädikate oder Attribute werden nicht länger als etwas Vorgefundenes angesehen, das man an Objekten der Betrachtung ablesen kann, sondern als Konstrukt der Erkenntnistätigkeit. Auf den ersten Blick ist der Unterschied zu der kantischen Auffassung nicht recht zu erkennen, denn Kant hatte sich mit der »kopernikanischen Wende« als Konstruktivist erwiesen. Aber der kantische Konstruktivismus behält mit der Erfahrung ein statisches Element, das den Verstand an eine objektive Welt zurückkoppelt. Der postmoderne Konstruktivismus verflüssigt auch noch die Erfahrung. Damit wird die Ästhetik performativ.

Praktisch ist es schwierig, eine konstruktivistische Ästhetik als autonome durchzuhalten. Auf dem Gebiet der bildenden Kunst gewinnt die Konstruktionsleistung des Publikums ähnliche Bedeutung, wie der Rezeptionsleistung der Leser für die Literatur. Das Motto 50. der Biennale von Venedig war »Die Diktatur des Betrachters«. Als kunstintern ausgerufenes Motto wäre das noch nicht bemerkenswert. Aber über den Kunstmarkt und die Ökonomisierung der Museums-, Theater- und Konzertlandschaft wächst die Fremdbestimmung der Kunst durch das Publikum. Von der Produzentenseite her koppelt sich die Kunst weithin an externe Zwecke, indem sie sich an sozialen, ökologischen und politischen Themen abarbeitet. Dabei wird sie – typisch in der politischen Satire – nicht selten trivial.

Grundsätzlicher noch wird die Autonomie der Ästhetik und mit ihr der Kunst durch die Diagnose einer Ästhetisierung der Gesellschaft in Frage gestellt. Diese Diagnose steht seit Adornos Schelte der Kulturindustrie im Dienst der Kapitalismuskritik. Letztere besagt etwa, dass die Ökonomie die Ästhetik als Wachstumsbringer nutzt und sich ihrer zugleich bedient, um ihren schnöden Materialismus zu camouflieren. Diese Kritik gipfelt in der Rede von einem ästhetischen Kapitalismus (Böhme).

Dagegen hat Joachim Fischer kürzlich eine neue Postmaterialismusthese gestellt. Er knüpft bei Werner Sombart an, von dem er sagt, dieser habe »in seiner Kapitalismusanalyse von ›Luxus, Liebe und Kapitalismus‹ (1922) die Kausalrelationen umgekehrt: Das sich erstmals zu Beginn der Moderne entdeckende ästhetische Begehren hetzt die kapitalistische Ökonomie vor sich her, immer neue Ausdrucksformen zu produzieren.« Wolle man »das Phänomen der ›Ästhetisierung der Gesellschaft‹ wirklich ernst nehmen«, dann sei zu fragen:

»Ist nicht das Ästhetische das eigentliche Existential der Subjekte und der Sozietäten der Gegenwart? Noch vor dem Rechtlichen, vor dem Politischen, vor dem Wissenschaftlichen, vor dem Erzieherischen, vor dem Moralischen, vor dem Ökonomischen?«.

Auf diese Frage hat die Soziologie sich bisher nicht ernsthaft eingelassen. Sie erweckt vielmehr den Eindruck, dass es um die Autonomie der Ästhetik nicht gut bestellt ist. Da bleibt nur das Vertrauen auf Luhmanns Diagnose, dass die Kunst eines der großen gesellschaftlichen Teilsysteme neben anderen sei.

III.  Ästhetik der Rechtskommunikation

Literatur: Colette R. Brunschwig, Visualisierung von Rechtsnormen. Legal Design, 2001; Leif Dahlberg (Hg.), Visualizing Law and Authority. Essays on Legal Aesthetics, 2012; Daniel Damler, Rechtsästhetik. Sinnliche Analogien im juristischen Denken, 2016 (Rezensionen: Ino Augsberg, JZ 2017, 416f; Andreas Fischer-Lescano, Der Staat 25, 2017, 133-138); Helge Dedek, Die Schönheit der Vernunft – (Ir-)Rationalität von Rechtswissenschaft in Mittelalter und Moderne, Rechtswissenschaft 1, 2010, 58-85; Hans Robert Jauß, Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik, 1991; Roberta Kevelson (Hg.), Law and Aesthetics, 1992; Michael Kilian, Vorschule einer Staatsästhetik, Zur Frage von Schönheit, Stil und Form als – unbewältigter – Teil deutscher Verfassungskultur im Lichte der Kultur­verfas­sungslehre Peter Häberles, FS Häberle, 2004, 31-70; Karl N. Llewellyn, On the Good, the True, the Beautiful, in Law, The University of Chicago Law Review 9, 1942, 224-265; Gustav Radbruch, Rechtsphilosophie, § 14: Ästhetik des Rechts (in der 5. Aufl. von 1956 S. 205-208); Pierre J. Schlag, The Aesthetics of American Law, Harvard Law Review 115, 2002, 1047-1118; Eva Schürmann, Das Recht als Gegenstand der Ästhetik?, Rechtsphilosophie (RphZ) 1, 2015, 1-12; Heinrich Triepel, Vom Stil des Rechts. Beiträge zu einer Ästhetik des Rechts (1947) mit einer Einleitung von Andreas von Arnauld und Wolfgang Durner (S. I-XLII), 2007; Cornelia Vismann, Das Schöne am Recht, 2012.

Recht ist Kommunikation, und jede Kommunikation hat einen ästhetischen Aspekt, so auch das Recht. Llewellyn handelte von Stil und Eleganz der Jurisprudenz. Helge Dedek spricht von der »Schönheit der Vernunft« und macht diese an der scholastischen Behandlung des Rechts im Mittelalter fest; Cornelia Vismann schreibt vom »Schönen am Recht« und sucht ihre Belege in der Gesetzgebung Lykurgs und Solons im antiken Griechenland.

Die Ästhetik des Rechts zeigt sich in der Form seiner Darbie­tung, in sprachlicher Harmonie und sachlicher Ordnung, die sich dem kogni­tiven Apparat zur freudigen Aufnahme anbietet. Die kunstvolle Darstellung (elocutio) ist ein Element der klassischen Rhetorik. Dazu gehörten schon im Mittelalter und heute wieder visuelle Elemente. In neuerer Zeit taucht der Begriff der Ästhetik häufig im Zusammenhang mit der visuellen Wahrnehmung und Darstellung des Rechts und der Justiz auf, und neuerdings werden auch akustische und musikalische Aspekte des Rechtsbetriebs beobachtet. Ein Grund liegt darin, dass Bild und Ton die Sinne stärker beeindrucken als bloße Texte.

Form und Inhalt lassen sich nicht trennen (Schürmann). Auch wenn das Ästhetische zunächst wohl als Form erscheint, transportiert es doch den Inhalt. Deshalb ist die Ästhetik des Rechts ein Legitimationsfaktor. Jauss (S. 753f) spricht von der »ästhetischen Vermittlung, Weiterbildung und Legitimierung sozialer Normen« [durch Lyrik]. Man muss allerdings daran erinnern, dass Schönheit im Dienste der Ordnung das Rezept vieler autoritärer Regime war. Der Faschismus hat den Gebrauch von Ästhetik in politischer Absicht desavouiert. In Verruf ist aber nicht die Ästhetik, sondern schlechte politische Absicht.

Der Legitimationsfaktor steht auf der Passivseite der Rechtsästhetik, welche die Wahrnehmung des Rechts von außen betrifft. Auf die Aktivseite gehört die Pflege der Erscheinungsform des Rechts etwa durch Rhetorik und Zeremoniell, Roben und Gerichtsgebäude.

In der reichen Symbolik des Rechts haben die Kulturwissenschaften ein weites Betätigungsfeld gefunden. Sie beschreiben und analysieren Rechtssymbole, Visualisierungen und andere nichttextliche Darstellungen von Recht.[2] Oder sie bearbeiten juristische Texte mit ästhetischen Prädikaten und Attributen, die aus der Literatur- und der Musiktheorie geläufig sind.[3]

»In this conception, the aesthetic pertains to the forms, images, tropes, perceptions, and sensibilities that help shape the creation, apprehension, and even identity of human endeavors, including, most topically, law.« (Schlag S. 1050)

»The methodology of this study is to engage in a literary parsing of international legal texts. In order to accentuate this approach to the aesthetics of legal narrative, the analysis of modern international law will be explained by direct comparison with modern literature, along with some of its premodern precursors and its postmodern followers.« (Morgan S. 4)

Diese Bemühungen bleiben dem Rechts jedoch äußerlich. Eine kohärente Rechtsästhetik ist daraus nicht entstanden.

IV.   Genetische Ästhetik

Literatur: Daniel Damler, Rechtsästhetik; 2016; Cosima Möller, Die juristische Konstruktion im Werk Rudolf von Jherings – vom universellen Rechtsalphabet bis zur juristischen Schönheit, JZ 72, 2017, 770-777.

Der Begriff der genetischen Ästhetik ist nicht geläufig. Wir verwenden ihn für die Suche nach der Bedeutung ästhetischer Prinzipien für die Rechtsbildung. Rudolf von Ihering verglich die »juristische Konstruktion« als schöpferische Gestaltung mit der Aufgabe eines Künstlers. Wenn es so wäre, so hinge das Gelingen der Rechtsbildung von der bewussten oder immanenten Befolgung ästhetischer Prinzipien ab.

Der erste Teil des Buches von Daniel Damler befasst sich nicht direkt mit der Ästhetik des Rechts, sondern zielt darauf ab, »die Implikationen juristischer Metaphern zu ermitteln« (S. 138). Es geht um das Verhältnis von abstraktem und konkretem Denken. Dazu führt Damler die These aus, dass das Denken stets durch bildliche Vorstellungen geleitet werde, die sich sprachlich in Metaphern, insbesondere solchen anthropomorphen Gehalts, niederschlagen. Darauf gehen wir o. in Kapitel 2§ 4VII ein.

Im zweiten Teil seines Buches geht Damler der Frage nach, wie ästhetische Prinzipien das Recht geprägt haben. Dazu zeichnet er ideengeschichtliche Parallelen von ästhetischen Prinzipien und staatstheoretischen Diskursen nach, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es schwierig sei, »aus den meist beiläufigen, anekdotischen Berichten und Aperçus substantielle Informationen über wissenschaftliche Verfahren auf der Grundlage ästhetischer Empfindungen zu gewinnen« (S. 201). Was er in seinem Buch zeigen kann, ist immerhin eine Parallelität von Recht mit ästhetischen Prinzipien. Damler findet sie besonders in der Staatslehre. Diese arbeitet immer wieder mit Begriffen Harmonie, Gleichgewicht oder Transparenz. Der historische Blick Damlers findet aber auch eine »Ästhetik der Vielfalt und Mannigfaltigkeit« (S. 274), die die prominenteren Prinzipien im Vordergrund eher schal und trivial erscheinen lässt.

Neben »Recht und Kunst« sowie »Recht und Literatur« (o. § 17) ist »Recht und Musik« bisher wenig thematisiert worden. Daher ragt in Damlers Buch ein Abschnitt über »Die musikalische Schönheit des werdenden Staates« (S. 210ff) heraus. Damler geht es weder um Musikerjuristen oder Juristenmusiker noch um Musik als Gegenstand rechtlicher Ordnung und juristischer Prozesse und auch nicht um Recht und Juristen als Sujet musikalischer Kompositionen. Sein Thema ist vielmehr Musik als Quelle von ästhetischen Metaphern oder Prinzipien. Die findet er in Jean Bodins Konzept einer justice harmonique im – weithin unbekannten – sechsten Kapitel von Les six Livres de la Républic von 1583. Bodin belässt es nicht bei der Harmoniemetapher bleibt, sondern würdigt auch Dissonanzen als unverzichtbares Element der Harmonielehre.

»Mit Blick auf Gesetzgebung und Gesetzesanwendung leitete [Bodin] aus der Dissonanzästhetik eine Präferenz für Ausnahmeregelungen, Typisierungen und situative, punktuelle Normdurchbrechung ab, soweit dadurch die Autorität des Gesetzesbefehls nicht grundsätzlich in Mitleidenschaft gezogen wird.« (Damler S. 236)

Analog dazu findet Damler in Montesquieus »Essai sur le goût dans les chose de la nature et de l’art« von 1726 eine »Ästhetik der Vielfalt und Mannigfaltigkeit« (S. 274ff).

Erstaunlicher noch ein Exkurs Damlers über den »für das chinesische Altertum charakteristischen, unvergleichlichen Einfluss der Musik auf die politische Philosophie und Regierungslehre« (S. 244ff, 255). Im Epilog werden wir unter der Überschrift »Aisthesis und Politika« auf die Wertschätzung der Musik in der attischen Demokratie hingeführt, von der Platon in der Politika unter Bezugnahme auf den antiken Autor Damon sagt, »niemand ändere die Gesetze der Musik, ohne damit nicht zugleich die bürgerliche Ordnung auf den Kopf zu stellen« (Daimler S. 341).

Wollte man dem Thema »Recht und Musik« weiter nachgehen, so verdiente Musik als expressives Verhalten Aufmerksamkeit und, ähnlich wie bei Bildern, wäre nach den subsemantischen Wirkungen von Musik zu fragen. Hier müssen einige Literaturhinweise genügen: Ulrich Haltern, Musik (und Recht) heute – Eine rhapsodische Collage, in: Volker Eppingen u. a. (Hg.), FS Knut Ipsen, 2000, 651-709; Desmond Andersson, Songs Wehtut Music. Aesthetic Dimension of Law and Justice, 2000; James E. K. Parker, Acoustic Jurisprudence. Listening to the Trial of Simon Bikindi, 2015; Jack L. Sammons, The Law’s Melody, Villanova Law Review 55, 2010, 1143-1160; Sylvanus Spencer, Singing for Change. Music as a Means of Political Expression for Young People in Sierra Leone and Liberia, in: Andrea Behrends u. a. (Hg.), Travelling Models in African Conflict Management 2014, 183-204; Bernhard Weck, »Euch werde Lohn in bessern Welten!« – Ludwig van Beethoven und die Entwicklung moderner Menschenrechts- und Verfassungsutopien, in: Hermann Weber (Hg.), Literatur, Recht und Musik, 2007, 48-71; Carol Weisbrod, Fusion Folk: A Comment on Law and Music, Cardozo Law Review 20, 1999, 1439-1458; Christian Wickert, Kriminologie und Musik. Haft und Gefängnis in der englischsprachigen Populärmusik (1954-2013), 2016. Zu Protestmusik, Law Rap, Victim-Impact-Videos mit Musik und singenden Rechtsprofessoren darf auf das Blogbuch »Recht anschaulich 2008-2013« verwiesen werden (im Internet über rsozblog.de zugänglich).

V.      Schönheit als soziale Macht – ästhetische Diskriminierung

Literatur: Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede, 1982 [La distinction, 1979]; ders., Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: Reinhard Kreckel (Hg.), Soziale Ungleichheiten, 1983, 183-198; Bernd Guggenberger, Einfach schön. Schönheit als soziale Macht, 1995; Michael Duchstein, Ästhetische Kriterien in der Personalauswahl, NJW 2013, 3066-3068; Hans-Peter Müller, Kultur, Geschmack und Distinktion. Grundzüge der Kultursoziologie Pierre Bourdieus, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 27/1986 »Kultur und Gesellschaft«, 162-190.

Schönheit macht erfolgreich und glücklich. Schöne Menschen erzielen materielle und immaterielle Vorteile. Ihr Aussehen wird nicht nur auf dem Partnermarkt honoriert, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt, und sie steigert direkt und indirekt das Wohlbefinden.[4] In der Gleichheitsdiskussion wagt man sich, jedenfalls in Deutschland, an Schönheit als diskriminierenden Faktor nicht heran, weil er bis zu einem gewissen Grade als naturgegeben und nicht gesellschaftspolitisch beeinflussbar gilt. Diese Enthaltsamkeit ist im Zeitalter des Konstruktivismus[5] eher überraschend. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Es kommt hinzu, dass der ästhetische Eindruck, den eine Person von anderen gewinnt und bei anderen hinterlässt, nicht allein von physischen Merkmalen bestimmt wird, sondern von deren Habitus, der eine aktive ebenso wie eine passive ästhetische Kompetenz einschließt.

Juristische Auslegungskunst hätte keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, ästhetische Differenzierungen als Diskriminierung zu ächten, wenn sie zu Benachteiligungen im Anwendungsbereich des § 2 AGG führen. Fehlende körperliche Schönheit ließe sich als Behinderung interpretieren. Ästhetisch abgelehnte Verhaltensweisen werden sich oft als unerwünschte Verhaltensweisen im Sinne von § 3 III AGG einordnen lassen.

Duchstein kommt zu dem Ergebnis, der Arbeitgeber dürfe seine Personalentscheidung auch auf ästhetische Gründe stützen. Lehne er einen Bewerber auf Grund seines Aussehens ab, liege darin zwar ein Element der Abwertung. Aber eine Abwertung sei noch keine verbotene Diskriminierung. Das AGG verbiete es dem Arbeitgeber nicht, einen Bewerber wegen seines Übergewichts abzulehnen. Doris Dörrie hat aus der Problematik schon 2010 einen Film gemacht (»Die Friseuse«). Eine Ablehnung, so Duchstein, sei sogar zulässig, wenn das Aussehen, auf das der Arbeitgeber aus Gründen der Präsentation Wert lege, auf dem Alter des Bewerbers beruhe. Damit hat Duchstein, bei Juristen bisher keinen Widerspruch gefunden. JURIS kennt etwa fünftausend Urteile, in denen die Ausdrücke Ästhetik oder ästhetisch vorkommen, doch nie in Kombination mit dem AGG. Wenn nicht bloß von ästhetischer Chirurgie die Rede ist sondern nach ästhetischem Empfinden gefragt wird, dann vor allem im Zusammenhang mit dem Denkmalsschutz. Dennoch sollte Duchsteins Äußerung nicht das letzte Wort bleiben. In den USA gibt es eine ausführliche Diskussion um die Diskriminierung von korpulenten Menschen (weight discrimination).

Ästhetik als Wissenschaft müsste wohl eher für die Freiheit des ästhetischen Urteils auch über Menschen und ihre Verhaltensweisen plädieren. Aber ästhetische Urteile haben ein so erhebliches Diskriminierungspotential, dass sie nicht generell freigesprochen werden können.

Von Bourdieu haben wir gelernt, dass das ästhetische Urteil zugleich ein Distinktionsurteil darstellt, so dass die ästhetische Diskriminierung letztlich eine soziale bedeutet. Bekanntlich reproduziert sich für Bourdieu die Klassenstruktur der Gesellschaft auch über das kulturelle Kapital. Zu ihm gehört ein bestimmter Habitus, und der wiederum prägt Lebensstil, Kunstgeschmack und ästhetische Kompetenz. Die ästhetische Kompetenz setzt sich zusammen aus der Fähigkeit zur Dekodierung von Kunst mit Hilfe spezifischen Interpretationswissens und aus impliziten Wissensbeständen, die sich aus wiederholten und intensiven Begegnungen mit Kunstwerken ergeben. Ganz gleich, wie sich das relative Gewicht dieser Komponenten bemisst, in jedem Fall glaubt man gerne, dass ihr Erwerb nicht sozial neutral ist. Als Klassentheorie ist Bourdieus Lehre vom sozialen Kapital mit seiner ästhetischen Kompetenz allerdings umstritten. Aber seine Habituslehre genügt, um die diskriminierende Potenz von Geschmacksurteilen plausibel zu machen.

Das Problem spitzt sich damit auf die Frage zu, ob das ästhetische Urteil einen Eigenwert hat, ähnlich wie wissenschaftliche Aussagen, diskurserprobte ethische Urteile oder auch künstlerische Aussagen, die den Schutz nicht nur der Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG), sondern auch der Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 III GG) genießen. Wollte man die Frage verneinen, so würde man dreihundert Jahre Ästhetikphilosophie von Baumgarten über Kant und Hegel bis Adorno und Goodman als Geschwätz verwerfen.

Bourdieus »anti-kantianische ›Ästhetik‹« (1982, S. 81) geht nicht so weit, den Eigenwert ästhetischer Urteile definitiv zu verneinen. Aber sie zeigt zwei Vorstufen reiner ästhetischer Urteile, die, im Habitus verankert, sozial determiniert sind, nämlich Geschmacksurteile, die den Lebensstil bestimmen, und die Ästhetisierung als »Wahrnehmung und Dechiffrierung der eigentlichen Stilmerkmale« (S. 95). Zusammen machen sie den ästhetischen Sinn als Sinn für Distinktion aus.

Die Freiheit des ästhetischen Urteils gilt nicht in gleicher Weise für schlichte Geschmacksurteile, die nicht bis zur Ästhetisierung vordringen. Aber wo liegt die Grenze? Hier kann man tiefer in die Ästhetik-Literatur einsteigen. Aber die Grenze wird unscharf bleiben und kann letztlich nur normativ gezogen werden. Ästhetische Urteile sind nicht den Experten vorbehalten (Wissenschaftlern, Kritikern, Künstlern, Journalisten oder der neuen Zunft der Satiriker). Jedermann, auch Vermieter und Arbeitgeber, dürfen ästhetische Urteile haben und äußern. Eine Einschränkung gibt es eher hinsichtlich der Frage, was Objekt ästhetischer Urteile sein darf. Was mit dem Anspruch erhebt, Kunst zu sein, muss sich selbstverständlich ein ästhetisches Urteil gefallen lassen, und zwar auch in der rohen Form des Geschmacksurteils. Problematisch sind Geschmacksurteile, die sich auf Aussehen und Lebensführung von konkreten Menschen beziehen, solange diese sich nicht selbst einem ästhetischen Urteil stellen wie insbesondere Künstler und Schriftsteller. Solche Urteile können diskriminierend sein. Doch bis zur Grenze der Beleidigung stehen sie unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. Daher sind als Auswahlkriterium im Privatrechtsverkehr, soweit das AGG einschlägig ist, sind auch Geschmacksurteile zulässig, soweit sie nicht mittelbar einen der Diskriminierungsgründe des § 1 AGG realisieren.

VI.   »Synästhetische Normativität«

Literatur: Daniel Damler, Rechtsästhetik; 2016, S. 193ff; ders., Synästhetische Normativität, Rechtsgeschichte 2017, 162-182; Josef Früchtl, Ästhetische Erfahrung und moralisches Urteil, 1996; Claudia Gerdenitsch, Erst kommt die Ästhetik, dann kommt die Moral, 2010; Desmond Manderson, Senses and Symbols: The Construction of »Drugs« in Historic and Aesthetic Perspective, in: Lionel Bently/Leo Flynn (Hg.), Law and the Senses, 1996, 199-216; Guido Kreis u. a., Artikel »Moralisch – unmoralisch«, in: Karlheinz Barck u. a. (Hg.), Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 4, 2010, 183-224; Gerhard Kurz, Das Wahre, Schöne, Gute: Aufstieg, Fall und Fortbestehen einer Trias, 2015; Carlton Patrick/Debra Lieberman, How Disgust Becomes Law, in: Nina Strohminger/Victor Kumar (Hg.), The Moral Psychology of Disgust, 2018, Vorabdruck in SSRN.

Im Mittelpunkt aller Reflexion über das Recht steht immer wieder die Frage nach der Quelle der Werte und Werturteile, die in jeder juristischen Entscheidung stecken. Einer Antwort kommt man vielleicht näher, wenn man Werturteile mit ästhetischen Präferenzen in Verbindung bringt. Das Altertum kannte die als Einheit gedachte Trias von Wahrem, Gutem und Schönen, die Kalokagathia. Diese Einheit ist von der Macht der Reflexion zerrieben worden. Wahrheit, Schönheit und Gerechtigkeit sind auseinander-getreten und Teilsystemen der Gesellschaft überlassen, der Wissenschaft, dem Recht und der Kunst. Der Meilenstein war die »Kritik der Urteilskraft«, mit der Kant die Selbständigkeit der Ästhetik auch gegenüber moralischen Urteilen postulierte. Kants Beispiele: Tätowierungen sind menschenunwürdig. Trotzdem kann man das Muster der Tätowierung schön finden. An Palästen freut sich der Geschmack, auch wenn sie durch Sklavenarbeit errichtet worden sind. Die Zusammenführung der Geltungsmodi von Ästhetik und Moral wird zwar immer wieder gefordert (Früchtl), bleibt aber problematisch. Sie verträgt sich nur schwer mit der seit Kant akzeptierten der Autonomie der Ästhetik (Kreis u.a.; Plumpe).

Das gilt freilich nur für eine philosophische Ästhetik. Psychologisch bleiben ästhetische Erfahrung und moralisches Urteil nahe beieinander. Damler spricht von der »Gabe und dem Drang, Recht und Moral ästhetische Normen zu unterlegen« (Rechtsästhetik S. 13). Als »synästhetische Normativität« hat er dieser Kopplung einen Namen gegeben.

Während die Kopplung von Ästhetik und Ethik auf der philosophischen Ebene so problematisch bleibt, dass daraus keine Konsequenzen für die praktische Jurisprudenz erkennbar sind, ist der Zusammenhang zwischen Populärästhetik und Moral leichter greifbar (Gerdenitsch). Was als schön empfunden wird, gilt als bewahrenswert. Äquivalenz, Gleichheit oder Gleichgewicht, wie sie durch Waage symbolisiert werden, dienen ebenso als ästhetisches wie als ethisches Prinzip.

Negative ästhetische Wahrnehmungen (Abscheu, Unbehagen) werden vermutlich von deutlicheren normativen Vorstellungen begleitet werden als Schönheitserlebnisse. Das könnte einen einfachen Grund darin haben, dass disgust leicht in eine Verbotsnorm übersetzt werden kann, während Wohlgefallen nicht direkt nach normativer Bestätigung ruft.

Psychologen sind der Frage in vielen Experimenten nachgegangen. Die Interpretation und Bewertung ihrer Ergebnisse ist jedoch umstritten (Justin F. Landy/Geoffrey P. Goodwin, Does Incidental Disgust Amplify Moral Judgment? A Meta-Analytic Review of Experimental Evidence, Perspectives on Psychological Science 10, 2015, 518-536.) Interessanter ist daher eine Arbeit von Manderson über die Kriminalisierung des Opiums in Australien um die Wende zum 20. Jahrhundert. In Australien gab es damals viele Quartiere mit chinesischen Immigranten, die vor allem in Goldminen arbeiteten. Wohl über 90 % der Chinesen rauchten Opium. Das Opium wurde in finsteren Höhlen geraucht, die den Weißen schmierig und schmutzig vorkamen, und die immer wieder benutzten Pfeifen fanden die Australier unappetitlich. Der Opiumgeruch durchdrang die chinesischen Wohnviertel, die zugleich Armutsviertel waren, und in denen die Weißen Infektionskrankheiten und Schlimmeres vermuteten. Der Opiumgeruch wurde als abstoßend wahrgenommen, und er wurde zum Symbol für Armut und Unmoral. Schmutz wurde so zur Metapher für chinesische Immoralität. Ähnlich könne der Marihuana-Geruch in geschlossenen Räumen regelrecht zur Klaustrophie führen, und die Injektionsnadel, mit der sich Süchtige ihren Schuss setzen, bewirke bei vielen Menschen Abscheu. Solche negativen Gefühle zögen eine Grenze, denn für die User sei der Geruch von Marihuana oder die Spritze ein Zeichen von Intimität und auch Sexualität. Manderson sieht in dieser Kombination von sensorischer Wahrnehmung und ihrer symbolischen Aufladung eine mögliche Erklärung dafür, wie sich das Recht auf bestimmte Wertungen festlegt.

Heute kann schon bloßer Zigarettenrauch unangenehme Gefühle wecken. Vermutlich stützt sich die starke Zustimmung zu den vielen Rauchverboten kaum weniger auf die Abneigung gegen den Tabakgeruch als auf die Angst vor Gesundheitsrisiken. Dagegen ist der Genuss alkoholischer Getränke bislang ästhetisch eher positiv besetzt, und das scheint sich auch in seiner rechtlichen Bewertung niederzuschlagen. Solche Ableitungen sind plausibel. Aber sie bleiben zirkulär, denn die ästhetische Wahrnehmung ist ihrerseits sozial geprägt. Außerdem lässt der Spieß sich auch umdrehen. Wenn man auf die Aisthesis der Rauschmitteluser abstellt, könnte man folgern, dass das Rauschmittelregime des Rechts einem cartesianischen Leib-Seele-Dualismus verhaftet und deswegen zu streng sei.

Hinter der Broken-Windows-Theorie scheint die Annahme zu stecken, dass eine ästhetisch ansprechende Umgebung davon abhalten könnte, diesen Eindruck zu zerstören und damit Kriminalität zu verhindern (dazu ohne Bezug auf Ästhetik Henner Hess, Broken Windows. Zur Diskussion um die Strategie des New York Police Department, Kritische Justiz, 1999, 32-57).

Man mag sich gar nicht vorstellen, was geschähe, wenn man in rebus sexualibus den ästhetischen Vorstellungen der Menschen nachginge. Vermutlich würden dann Wahrnehmungen von natürlichem und unnatürlichem Sexualverhalten reproduziert, die das Recht als maßgeblich längst hinter sich gelassen hat.

VII.          Judiz als juristisches Geschmacksurteil

Literatur: Clemens Croneberg, Wertrationalität und das Modell der Frame-Selection, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 59, 2007, 215-239; Andreas Fischer-Lescano, Sociological Aesthetics of Law, Law, Culture and the Humanities onlinefirst, 2016, 26 S.; Marlies W. Fröse u. a. (Hg.), Emotion und Intuition in Führung und Organisation, 2016; Harold Garfinkel, Studies in Ethno­methodology, 1967; Rolf Gröschner, Judiz – was ist das und wie lässt es sich erlernen?, JZ 1987, 903-908; Klaus Günther, Der Sinn für Angemessenheit, Anwendungsdiskurse in Moral und Recht, 1988; Michael Walter Hebeisen, Recht und Staat als Objektivationen des Geistes in der Geschichte, 2004; Frank Hillebrandt, Soziologische Praxistheorien, 2007; Hilge Landweer, Der Sinn für Angemessenheit als Quelle von Normativität in Ethik und Ästhetik, in: Kerstin Andermann/Undine Eberlein (Hg.), Gefühle als Atmosphären, 2011, 57-78; Joachim Lege, Pragmatismus und Jurisprudenz, 1999 (Kap. 5 und 10); ders., Ästhetik als das A und O »juristischen Denkens«, Rechtsphilosophie (RphZ) 1, 2015, 28-36; Jan-Christoph Marschelke, Rechtsgefühle in Rechtssoziologie und -psychologie, in: Jonas Bens/Olaf Zenker (Hg.), Gerechtigkeitsgefühle, 2017, 37-69; Arno Scherzberg, Wird man durch Erfahrung klug?, Internetpublikation, 2008; ders. (Hg.), Klugheit. Begriff – Konzepte – Anwendungen; 2008; ders. u. a. (Hg.), Kluges Entscheiden; 2006.

Das »Geschmacksurteil« der Juristen hat seinen Namen als Judiz (Gröschner). Darunter versteht man Rechtsempfinden und Urteilskraft als intuitive Elemente juristischer Tätigkeit.

»Auf anschauende Urteilskraft verweisende Anwendungskalküle sind in der Rechtsanwendung allgegenwärtig: rechtsgrundsatzkonforme Interpretation, abgestuftes Ermessen als Verpflichtung auf Angemessenheit, Formen der Billigkeit, et cetera; umso erstaunlicher ist, dass bislang keine Behandlung des dabei betätigten Judizes angegangen wurde.« (Hebeisen S. 168)

Auf 248 Seiten liefert Hebeisen eine Darstellung der »Unzulänglichkeiten der bisherigen Behandlung der Urteilskraft«. S. 75-182 der Darstellung sind speziell der juridischen Urteilskraft gewidmet. Dabei geht er auch ausführlich auf ältere Äußerungen zur Rechtsästhetik ein, so auf Theodor Sternberg, der 1904 in seiner Allgemeinen Rechtslehre eine Ästhetik des Rechts gefordert hatte, auf Heinrich Triepel und Hugo Marcus, Rechtswelt und Ästhetik. Letztlich verortet Hebeisen die Problematik der »juridischen, das heißt anschauend-regelanwendenden Urteilskraft« in der traditionellen Trennung von juristischer Theorie und Praxis, die er durch eine geschichtsphilosophisch ausgerichtete »Grundlegung von Jurisprudenz und Staatslehre als Geisteswissenschaften« zu überwinden sucht. Das ist alles unendlich gelehrt, aber praktisch nicht zu nutzen.

Bisher ist es nicht gelungen, das juristische Geschmacksurteil handfest zu beschreiben und zu erklären. Deshalb sagt Lege:

»Das, worauf es im Ästhetischen ankommt, ist unsagbar (»je ne sais quoi«); und diese Unsagbarkeit ist kein unvermeidbarer Mangel, sondern sachlich notwendig.« (1999, 331; ähnlich 2015, 30)

Skeptiker werden daraus schließen, Ästhetik diene den Juristen als Wundpflaster für Rationalitätslücken.

Fischer-Lescano macht aus der Not eine Tugend. Er findet in der Ästhetik eine Disziplin, welche die künstliche Trennung zwischen Rationalität und Arationalität vermeidet. Ästhetik diene dem Recht zur rationalen Selbstreflexion über seine nicht rationalen Bestandteile. Die Brücke über die Lücke heißt dann strukturelle Kopplung. Um diese Brücke zu bauen, muss die Lücke zuvor in systemtheoretischer Manier als solche zwischen autonomen Sozialsystemen definiert werden. Deshalb wird die Ästhetik des Rechts bei Fischer-Lescano zu einer soziologischen, um sie vom Recht als einem autonomen Sozialsystem abzusetzen. Anscheinend verhält sich die soziologische Ästhetik zu ihrem Gegenstand wie die Rechtswissenschaft zum Recht. Die soziologische Ästhetik verfahre konstruktivistisch und reflexiv. Damit unterscheide sie sich von einer ontologischen Ästhetik a là Baumgarten, die analog zur Rechtsdogmatik, das Schöne und das Häßliche in der Welt sortiert. Solche selbstreflexive Ästhetik gehört ebenso wie die sich selbst reflektierende Jurisprudenz nach der üblichen Einteilung zum Wissenschaftssystem. Systemintern braucht es aber keine strukturelle Kopplung. Deren Ertrag erschöpft sich denn auch darin, »[to] throw light on the dialectical processes of law as an arational system of rationality« (S. 18). Was man in diesem Licht sehen soll, war eigentlich auch schon in systemtheoretischer Finsternis greifbar.

Seit Jahrzehnten rätselt man insbesondere in der juristischen Methodenlehre und für die Juristenausbildung, wie man den Anteil der juristischen Praxis theoretisch in den Griff bekommt. Die Praxis erscheint als black box, in der wohlmeinende Theorie obskuren Mächten ausgeliefert ist.

Die Rechtssoziologie hat wenig zur Aufhellung beigetragen. Sie bietet eine umfangreiche Debatte über Rechtsbewusstsein und/oder Rechtsgefühl (legal consciousness; sense of justice, sens juridique) an (Marschelke). Rechtsbewusstsein verbindet Rechtskenntnisse (legal knowledge) mit verhaltenswirksamer Internalisierung. Das Rechtsgefühl steht (auch) für die Fähigkeit zu intuitiven Entscheidungen. Doch von der nach wie vor unklaren Begriffsverwendung abgesehen, geht es in der Rechtssoziologie um das Rechtsbewusstsein des Publikums, nicht aber der Juristen.

Einen empirischen Zugang zum Judiz der Juristen kann man vielleicht von dem so genannten practice turn der Soziologie erhoffen, der auf das Konzept des impliziten Wissens aufbaut (o. § 14 V 3). Weitere Zugänge verspricht die Psychologie, soweit sie sich mit Emotion, Intuition[6] und Empathie befasst oder wenn sie Heuristiken und kognitive Täuschungen untersucht. Das Stichwort frame selection führt dann wieder in die Soziologie zurück. Wenn man das Judiz als juridisches Geschmacksurteil anspricht, kann man hier nach Überschneidungen von Psychologie, Soziologie und Ästhetik suchen.

Die Allgemeine Rechtslehre muss sich damit begnügen, juristische Parallelen zu soziologischen Praxistheorien ernst zu nehmen. Als solche kommen in Betracht das Judiz als juristische Urteilskraft (Gröschner), der »Sinn für Angemessenheit« (Günther, Landweer) und die Lehre von der Klugheit (Scherzberg). Stets handelt es sich um eine Disposition, die dazu befähigt, adäquat auf eine Situation zu antworten.

Das Judiz bildet sich in der Praxis. Man braucht mindestens zehn Jahre Erfahrung, in denen man bis zu 50.000 Wissensbrocken aufnimmt, um Experte (im Schachspiel) zu werden.[7] In der Managementliteratur wird eine Praxis von mindestens fünf Jahren für notwendig gehalten, um ein »Bauchgefühl« für Entscheidungen zu entwickeln. Die Erfahrung eines Experten äußert sich wohl darin, dass ihm bei der Befassung mit einem Einzelfall ähnliche Fälle in den Sinn kommen und dazu dort etwa aufgetretene Komplikationen und gefundene Lösungen. Solche Erfahrung hat heute auch schon der Computer. Eine Suchanfrage bei Google liefert meistens eine Reihe von ähnlichen Fragen. Die Überlegenheit menschlicher Expertise besteht eher darin, sich ungeachtet solchen Vor-Urteils für Besonderheiten des Falles offen zu halten. Das meint wohl Gröschner, wenn er sagt, das Judiz bestehe in der »Fähigkeit, das wahrscheinliche Ergebnis eines erst noch im Einzelnen zu führenden Dialogs über die Zuordnung des Falles … gedanklich vorwegzunehmen« (S. 906). Aber Erfahrung und eine kritische Einstellung gegenüber der eigenen Routine bleiben im Bereich des Rationalen und erschöpfen noch nicht, was Judiz genannt wird. Es handelt sich um geronnene Erfahrung, die sich nicht explizieren und auch nicht direkt weitergeben lässt.

Scherzberg hat es unternommen, Klugheit als Element juristischen Handelns zu etablieren (Scherzberg u. a.). Dabei geht es nicht darum, an die Stelle der Rechtswissenschaft schlechthin eine bloße Klugheitslehre zu setzen. Der Klugheitsbegriff dient zum Ausgleich der Defizite vermeintlich rationalen Entscheidens. Er soll Erfahrung, Emotion und Intuition integrieren.

»Der Klugheitsbegriff erlaubt eine ganzheitliche Sicht auf menschliche Entscheidungsprozesse, die die expliziten und die impliziten Kompetenzen des Entscheidungsträgers integriert«. (Scherzberg 2008, 8).

Doch wie diese Integration vor sich geht, wie das Ergebnis aussieht, bleibt letztlich ungeklärt.

Als ästhetische Kategorie kommt in erster Line der Sinn für Angemessenheit in Betracht. Das Prinzip der Angemessenheit, wie es von Klaus Günther entwickelt wurde, bewegt sich im Bereich der Reflexion. Es verlangt nach einem »Anwendungsdiskurs«, der eine »Angemessenheitsargumentation« zu der Frage entwickeln soll, ob eine allgemeine Regel unter Berücksichtigung aller Umstände auf den Einzelfall passt (u. § 78 V). Die eher unreflektierte Kompetenz, in Situationen mit wertenden Aspekten eine »angemessene« Entscheidung zu treffen, ist dagegen das Thema von Landweer. Es liegt, so möchte man sagen, in der Natur der Sache, dass sie aus dem Aspekt der Angemessenheit keine subsumtionsgeeigneten Maßstäbe ableiten kann.

Die verschiedenen Ansätze haben jenseits der erfahrungsgesteuerten Routine gemeinsam, dass es sich um Strategien des Umgangs mit komplexen Situationen handelt, die der Handelnde nur unvollständig analysieren kann. Es geht also um undeklarierte Methoden des Umgangs mit der von Simon so getauften bounded rationality. Psychologen bieten dafür einen Katalog von Heuristiken und kognitiven Täuschungen an. Soziologen bemühen eine Theorie der Frame-Selection, die eine »Vorstrukturierung des Handelns durch kognitiv-emotional verankerte Schemata« zugrunde legt (Croneberg). Man würde nur gerne genauer wissen, wie diese Frames aussehen und wie sie entstehen. Hier wirken anscheinend die evolutionär entstandenen Schemata, die mit der Sozialisation allgemein erworbenen Frames und ihre spezifische Prägung durch die berufliche Praxis zusammen. Aber die Benennung operativer Strategien speziell der juristischen Praxis ist bisher nicht gelungen. Dagegen gibt es auf der Makroebene allerhand Vermutungen über implizites Wissen, kulturelle Codes, Natürlichkeits- und Normalitätsvorstellungen (o. § 14 V 3). Die Ästhetik gerät darüber aus dem Blick.

VIII.       Legal Design

Literatur: Colette R. Brunschwig, Visualisierung von Rechtsnormen. Legal Design, 2001; dies., Multisensory Law and Legal Informatics. A Comparison of How These Legal Diciplines Relate to Visual Law, in: Anton Geist u. a. (Hg.), Strukturierung der Juristischen Semantik (FS für Erich Schweighofer, 2011, 573-667; Klaus F. Röhl/Stefan Ulbrich, Recht anschaulich. Visualisierung der Juristenausbildung, 2007; Peter G. Rowe, Design Thinking, 5. Aufl., 1994 [1987]; Donald A. Schön, The Reflective Practitioner, How Professionals Think in Action, 1983; Herbert A. Simon, The Sciences of the Artificial, 1981, 3. Aufl. 1996.

Ästhetische Praktiken juristischer Kommunikation laufen unter Begriffen wie Legal Design und Legal Information Design. In einem eher technischen Sinne versteht man unter Legal Design die zweckmäßige Gestaltung von einzelnen Rechtsnormen und ganzen Institutionen, zweckmäßig in dem Sinne, dass der Inhalt der Rechtsnormen für die Adressaten leicht erkennbar ist, dass ihr Verhalten unter Berücksichtigung zu erwartender Widerstände in die vom Gesetzgeber gewünschte Richtung gelenkt wird und dass die Institutionen ihre Wirkung tun. Bausteine sind u. a. die so genannten default rules und Instrumente des nudging, mit denen der beschränkten Rationalität der Akteure aufgeholfen werden soll. In diesem Sinne trägt ein einschlägiger Sammelband den Titel »Choice Architecture in Democracies«[8].

Der Begriff Legal Design ist auch von Designern okkupiert worden, um ihre Tätigkeit für die Visualisierung von juristischem Material zu benennen. In den USA liegt der Schwerpunkt auf Visualisierung von Material für den forensischen Gebrauch. Ferner wird unter diesem Stichwort die Gestaltung von Internetseiten für Anwaltsbüros angeboten. In der Schweiz (Brunschwig) und in Deutschland (Röhl/Ulbrich) geht es eher um die Visualisierung von Rechtsnormen, sei es für das Publikum, sei es für den Rechtsunterricht. Insofern ist Legal Information Design ist die bessere Wortwahl.

Nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit Herbert A. Simons »Sciences of the Artificial« ist in den 1980er Jahren in den USA um die Architekten und Städteplaner Donald A. Schön und Peter G. Rowe eine Schule des Design Thinking entstanden.[9] Simon verstand unter design ein Problemlösungsverhalten für die artificial sciences. Gemeint sind Wissenschaften, die die Objekte, mit denen sie sich befassen, erst hervorbringen. Simon nannte engineering, computer science, medicine, business, architecture, painting, the human and social sciences. Sein Ziel war es, bloßes »Kochbuchwissen« durch wissenschaftliche Methoden zu ersetzen. Dabei sollte nicht zuletzt künstliche Intelligenz helfen. Er wollte also, gerade anders als der ästhetische Praxisdiskurs, das Problemlösungsverhalten auch jenseits der technischen Disziplinen rationalisieren. Die Design-Theorie hat sich jedoch alsbald von diesem technologischen Ansatz distanziert. Zuerst haben wohl Horst Rittel und Melvin Webber  das Angebot einer universalen wissenschaftlichen Problemlösungsmethode zurückgewiesen. Soziale Probleme seien stets verzwickt (wicked) im Sinne von tückisch (malignant or vicious). Man könne eine Situation überhaupt nur als Problem wahrnehmen, wenn man eine Vorstellung von seiner Lösung habe. »The problem can’t be defined until the solution has been found.« (S. 161) Für die Lösung müsse man aber schon eine Vorstellung von dem Problem haben.

Viel Beachtung hat der seinerzeit an der MIT School of Architecture and Planning tätige Donald A. Schön (1930-1997) mit dem Konzept des Reflective Practitioner gefunden.[10] Schön wollte eine Art Epistemologie der Praxis von »Professionellen«, also von Architekten und Städteplanern, aber auch von Ärzten, Juristen und anderen, entwickeln. Sie sollte mehr und anderes bieten als die von den Fachdisziplinen gepflegte technische Rationalität und das zugehörige Sachwissen (substantive knowledge), also für Juristen etwa das, was man in den üblichen dogmatischen Fächern lernt. Denn für die Arbeit der Professionen ist typisch, dass sie mit einer unklaren Situation konfrontiert werden und dass sie mit Hilfe ihres Fachwissens in der Regel auch keine eindeutige Lösung entwickeln können. Dazu unterschied Schön zwischen reflection in action und reflection on action. Die erstere vollzieht sich in konkreten Entscheidungssituationen, die regelmäßig als einmalig wahrgenommen werden. Sie besteht im Aufrufen von Erfahrungen, Metaphern und Theorien und kann kaum verbalisiert werden, insbesondere nicht nachträglich. Reflection on action ist die nachträgliche Analyse und Kritik einer getroffenen Entscheidung. Daran fehlt es der Jurisprudenz kaum. Was sie besonders interessiert, ist die reflection in action. Darüber erfährt man von Schön allerdings wenig.

»When a practitioner reflects in and on his practice, the possible objects of his reflection are as varied as the kinds of phenomena before him and the systems of knowing-in-practice that he brings to them. He may reflect on the tacit norms and appreciations that underlie a judgment, or on the strategies and theories implicit in a pattern of behaviour. He may reflect on the feeling for a situation that has led him to adopt a particular course of action, on the way in which he has framed the problem he is trying to solve, or on the role he has constructed for himself within a larger institutional context.« (S. 62)

In »reflection-in-action … doing and thinking are complementary. Doing extends thinking in the tests, moves, and probes of experimental action, and reflection feeds on doing and its results. Each feeds the other, and each sets boundaries for the other« (S. 280)

Letztlich läuft alles auf ein judgement hinaus. Der »Reflective Practioner« ist in den USA auch von Juristen rezipiert worden.[11] Allerdings ist dieser Ansatz inzwischen zu einer Managementmethode für Teamarbeit, Innovation und Nutzerorientierung trivialisiert worden. So rezipiert ihn auch die einzige juristische Anwendung, die wir gefunden haben[12].

IX.   Subjekt, Objekt und Verkörperung

Literatur: Susanne Baer, Getanzte Konstitutionalisierung, Kritische Justiz, 2010, 470-478; Barbara Becker, Leiblichkeit und Kognition. Anmerkungen zum Programm der Kognitionswissenschaften, in: Peter Gold/Andreas K. Engel (Hg.), Der Mensch in der Perspektive der Kognitionswissenschaften, 1998, 270-288 (guter Übersichtsartikel); Pierre Bourdieu, Die männliche Herrschaft, 2005; Ursula Brandstätter, Ästhetische Erfahrung, 2012/13, www.kubi-online.de; Paul Maharg/Caroline Maughan (Hg.), Affect and Legal Education. Emotion in Learning and Teaching the Law, 2011; Desmond Manderson, Modernism and the Critique of Law and Literature, Australian Feminist Law Journal 35, 2011, 107-125; Klaus F. Röhl, Zur Rede vom multisensorischen Recht, Zeitschrift für Rechtssoziologie 33, 2012/2013, 51-75.

Ästhetik, Praxeologie und Verkörperung treffen in den Begriffen embodiment, embodied cognition und embodied knowledge und der Rede von multisensorischem Recht zusammen. Jede Wahrnehmung hat eine sinnliche Basis, und es sind stets mehrere Sinne beteiligt (Synästhesie). Auch reflektierende Kognition hat eine neuronale Grundlage und ist insofern körperlich. Neuro­biologen können elektro­physio­logisch zeigen, wie passive Sinnesdaten und aktive Konzeptualisierungen unterschiedliche Hirnaktivitäten auslösen, und beides mitein­ander verbinden. Auch seelische Narben sind in diesem Sinne verkörpert.

Eine andere Idee von Embodiment – Verkörperung stammt aus der Soziologie von Foucault und Bourdieu. Sie haben die Naturalisierung des sozial Kontingenten oder – kritisch gewendet – des Willkürlichen zum Thema gemacht. Es geht darum, dass soziale Praktiken so selbstverständlich erscheinen, als seien sie natürlich. Diese »Naturalisierung« nimmt ihren Weg zu einem Teil über den Körper. Das hat am Beispiel der Geschlechterdifferenzierung insbesondere Bourdieu dargestellt.

Aber mit diesem Wissen ist nichts gewonnen. Eigentlich bezweifelt niemand, dass der Körper mehr ist als die Summe seiner Teile, so dass die Betrachtung einzelner Sinnes­kanäle, auch wenn man ihre Kooperation in Rech­nung stellt, dem ganzheitlichen Phänomen des in seinem Körper wahrnehmenden und handelnden Menschen nicht gerecht wird. Die Frage ist nur, was sich daraus für das Recht gewinnen lässt.

Wenn man tiefer eindringen will, zieht man die Arbeiten des französischen Phänomenologen Merleau-Ponty und in Deutschland die Schriften von Bernhard Waldenfels heran. (Maurice Merleau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung, 1966 [vielfach nachgedruckt]; Bernhard Waldenfels, Der Spielraum des Verhaltens, 1980; ders., Phänomenologie in Frankreich, 1983; Alexandre Métraux/Bernhard Waldenfels (Hg.), Leibhaftige Vernunft, Spuren von Merleau-Pontys Denken, 1986.)

Die vielfach gezogene Konsequenz besteht darin, die Dualismen von Subjekt und Objekt, Körper und Geist, Sein und Sollen zu verwerfen, und mit ihnen den kog­nitiven Anspruch der Jurisprudenz. Daraus wächst eine Reihe von Ansätzen, dem Recht ein ganzheitliches Denken zu implantieren. Therapeutisches Recht oder multisensorisches Rechts sind einschlägige Stichworte. Zumal in der Juristenausbildung sollen Emotionen eine größere Rolle spielen (Maughan/Maharg). Ästhetik erscheint in dieser Situation als Möglichkeit zur Überwindung der schrecklichen Dualismen. Ästhetische Wahrnehmung mit ihrem grundsätzlich synästhetischen Charakter soll irritieren und traditionelle Wahrnehmungs- und Denkweisen aufbrechen (Brandstätter). Eine Richterin des BVerfG schwärmt für »getanzte Konstitutionalisierung«.

Ist das mehr als die postmoderne Wiedergeburt der romantischen Idee Friedrich Schillers von der »ästhetischen Erziehung des Menschen«? Lange bevor postmoderne Philosophie sich auf die Kritik der »Dualismen« stürzte, hatte Carl Schmitt in der Romantik eine Gegenbewegung zum cartesianischen Rationalismus ausgemacht, die die verschiedenen Dualismen in ästhetische und gefühlsmäßige Kontraste auflösen wollte. Schmitt kritisierte an der Romantik, dass sie nicht zu politischen Entscheidungen fähig sei. Romantik betreibe die »Entwirklichung der Welt in eine Konstruktion« die sich »handhaben« lasse. Alles könne »zu einer handlichen Konstruktion gemacht werden.« (S. 70f)

»Der Romantiker »kann alles Verstehen und beliebig gutheißen, weil ihm alles zum Material seiner ästhetischen Gestaltung werden kann. Der ›Lehrer des Gegensatzes‹ war unfähig, einen andern Gegensatz als den eines ästhetischen Kontrastes zu sehn. Weder logische Distinktionen, noch moralische Werturteile, noch politische Entscheidungen sind ihm möglich. Die wichtigste Quelle politischer Vitalitat, der Glaube an das Recht und die Empörung über das Unrecht, existiert nicht für ihn.« (Carl Schmitt, Politische Romantik, hier zitiert nach der im Internet verfügbaren 1. Aufl. von 1919, dort S. 114)

An Stelle des Allgemeinen und Grundsätzlichen ergreife der Romantiker die »Gelegenheit«, um sie als erhabenen Augenblick zu feiern. Dafür verwendet Schmitt den Begriff des Occasionalismus. Man muss sich an dieser Stelle nicht auf eine grundsätzliche Stellungnahme zu Carl Schmitt einlassen. Es genügt der Hinweis, dass er selbst zum Romantiker des Politischen geworden ist. Seine Kritik bleibt dennoch relevant. Sie stützt den Verdacht, dass die Suche nach ästhetischer Erfahrung zur Ausweichbewegung vor den Problemen der Welt wird, zu einer Flucht in subjektive Gefühlswelten oder in narzisstische Identitätssuche.

Was Manderson (S. 120) von der Literatur sagt, lässt sich für die ästhetische Erfahrung verallgemeinern. Viele erwarten von ihr, dass sie (im Sinne Derridas) zum Supplement des Rechts werden kann, zum »Anderen« des Rechts, dass die menschlichen Qualitäten zurück bringt, die dem formalen Rechtsdenken zum Opfer gefallen sind, dass sie gar Kritik und Vollendung zugleich bietet. Aber das ist eine romantische Utopie. Auch die Dialektik der »ästhetischen Rationalität« (o. II) führt nicht weiter. Für sie gilt weithin, was in § 15 I und II zu Paradoxien gesagt wurde.

Der Lobpreis der Aisthesis als ganzheitliche ästhetische Erfahrung lässt sich nicht in juristische Entscheidungen umsetzen. Das kognitive Programm erfährt zwar Störungen, Relati­vierungen und Verunsicherungen, wenn es die Sinnlichkeit und die Leiblichkeit des Rechts reflektiert. Doch eine Alternative zum dualistischen Kognitionsmodell ist nicht in Sicht. Alles, wovon die Rede ist, lässt sich eben doch nur in diesem Modell beschreiben.

Mit Manderson kann man wohl festhalten, dass ästhetische Erfahrung die Idee vermittelt, dass Gerechtigkeit immer unvollendet bleibt. Aber gegenüber der Kunst ist heute eine ähnliche Skepsis angebracht wie gegenüber dem Recht. Kunst tritt mit dem Anspruch auf, jenseits von Zweckrationalität, ökonomischen Imperativen und egoistischer Selbstverwirklichung zu agieren. Aber sie wird vermarktet und konsumiert, und sie produziert die »feinen Unterschiede« (Bourdieu), die grobe Unterschiede festigen und legitimieren.

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[1] Sianne Ngai nennt als postmoderne ästhetische Kategorien der Lebenswelt zany, interesting und cute: »As sensuous, affective reflections of the ways in which subjects work, communicate, and consume (and as the cute and zany in particular show, in ways directly mediated by gender and class), the domestic and commodity-oriented aesthetic of cuteness, the informational and discursive aesthetic of the merely interesting, and the occupational and cultural performance aesthetic of zaniness help get at some of the most basic dynamics underlying life in Western in- dustrial societies. No other aesthetic categories in our current repertoire speak to these everyday practices of production, circulation, and consumption in the same direct way.« (Our Aesthetic Categories, PMLA 125, 2010, 948-958, S. 949).

[2] Ein beliebtes Thema für Sammelbände: Roberta Kevelson (Hg.), Law and Aesthetics, 1992; Costas Douzinas/Lynda Nead (Hg.), Law and the Image, The Authority of Art and the Aesthetics of Law, 1999; Andrew T. Kenyon/Peter Rush (Hg.), An Aesthetics of Law and Culture. Text, Images, Screens, 2004.

[3] Pierre J. Schlag, The Aesthetics of American Law, Harvard Law Review 115, 2002, 1047-1118; Adam Gearey, Law and Aesthetics, 2001; Edward M. Morgan, The Aesthetics of International Law, 2007 (Rezension von Kathryn Yardley, German Law Journal 10, 2009, 161-168).

[4] Florencia López Bóo/Martín A. Rossi/Sergio S. Urzúa, The Labor Market Return to an Attractive Face, Evidence from a field experiment, Economics Letters 118, 2013, 170-172; Marco Caliendo/Markus Gehrsitz, Obesity and the Labor Market, Economics and Human Biology 23, 2016, 209-225. Daniel S. Hamermesh/Jason Abrevaya, Beauty is the Promise of Happiness?, European Economic Review 64, 2013, 351-368; David W. Johnston, Physical Appearance and Wages, Economics Letters 108 , 2010, 10-12.Naci Mocan/Erdal Tekin, Ugly Criminals, Review of Economics and Statistics 92, 2010, 15-30.

[5] Vgl. z. B. Ansgar Thiel u. a. über »Körperlichkeit als Devianz. Zur sozialen Konstruktion des übergewichtigen Körpers und ihrer Folgen, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 2016, Heft 2, 37-48. Dort heißt es (S. 39), insbesondere die »Bildsprache der Fitnessbewegung der 1970er und 1980er Jahre habe ein ästhetisches Element« in den Diskurs eingebracht.

[6] Hanjo Hamann gibt einen Überlblick über das betriebswirtschaftliche und das verhaltenswissenschaftliche Verständnis von »Intuition« :Reflektierte Optimierung oder bloße Intuition? Eine verhaltenswissenschaftliche Erwiderung zur Auslegung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, ZGR, 2012, 817–834.

[7] William G. Chase/Herbert A. Simon, Perception in Chess, Cognitive Psychology 4, 1973, 55-61.

[8] Alexandra Kemmerer/Christoph Möllers/Maximilian Steinbeis/Gerhard Wagner (Hg.), Choice Architecture in Democracies. Exploring the Legitimacy of Nudging, 2016.

[9] Hilfreich D. J. Huppatz, Revisiting Herbert Simon’s ›Science of Design›, Design Issues 31, 2015, 29-40; Willemien Visser, Simon: Design as a Problem-Solving Activity, Internetpaper 2010.

[10] Genannt werden hier die folgenden drei Titel: Theory in Practice: Increasing Professional Effectiveness, 1974 (mit Chris Argyris); The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action, 1983; Educating the Reflective Practitioner, 1987.

[11] Richard K. Neumann Jr., Donald Schön, The Reflective Practitioner, and The Comparative Failures of Legal Education, Clinical Law Review 6, 2000, 401-426.

[12] Anke Schuster, Design-Thinking (DT) als Problemlösungsansatz für Abschlussarbeiten, ZDRW 3, 2016, 83-87.